Einmal pro Jahr geben bei vielen Korallenarten Abermillionen Polypen, die winzigen Erbauer und Bewohner von Riffen, ihre Ei- und Samenzellen ab. Diese treiben dann im offenen Meer, erst durch die Strömung kommen sie, per Zufall, zueinander. Aus den befruchteten Eiern werden kleine, mit Härchen besetzte Korallenlarven, die nun schnell einen Fels oder einen Platz am Riff finden müssen, damit sie sich festsetzen können.
Aber woher wissen die Korallenbabys, wohin sie sich wenden müssen? Die überraschende Antwort: Obwohl sie keine Ohren besitzen, „hören“ sie, wo sich das nächste Riff befindet. Das fanden Forscher aus Bristol und Curaçao heraus. Sie haben für die Larven ein Wasserbecken konstruiert, das sie eine Zeit lang von einer Seite mit der typischen Geräuschkulisse eines Korallenriffs beschallten: knabbernde Papageifische, knackende Krebsscheren, raschelnde Garnelen. Kaum setzten die Töne ein, machten sich die Larven zielstrebig in Richtung der Lautsprecher auf – sie orientierten sich an den Geräuschen.
Steve Simpson, einer der Forscher, spekuliert darüber, wie das möglich ist: „Auf geringe Entfernungen regen die Schallwellen die Wassermoleküle an, was von den Wimperhärchen der Larven registriert werden könnte. So erhalten sie Richtungsinformationen.“ Zugleich weist Simpson auf eine Konsequenz aus dieser Entdeckung hin: Menschengemachter Lärm in der Umgebung von Korallenriffen kann diese Ökosysteme vom eigenen Nachwuchs abschotten. Denn die zarten Geräusche vom Riff werden oft durch Krach von Booten und Offshore-Bohrungen übertönt.