Drei Jahre lang drehte die Filmcrew um die Regisseure und Produzenten Alastair Fothergill und Mark Linfield tief im afrikanischen Urwald unter widrigen Umständen. Allein die Vorbereitung für den außergewöhnlichen Dreh an der Elfenbeinküste brachte das Filmteam an seine Grenzen.
Die Anreise zum Drehort beanspruchte zwei volle Tage, sämtliches Equipment musste zu Fuß durch den eng bewachsenen Regenwald getragen werden. Vor Ort musste das Team die Schimpansen, die täglich bis zu 25 Kilometer Strecke im dichten Dschungel zurücklegen, nicht nur finden sondern auch mit ihnen Schritthalten. Unter dem dichten Blätterdach des Regenwaldes kämpften sie mit schlechten Lichtbedingungen und auch die häufigen Regenfälle machten die Arbeit nicht gerade einfacher. Das Team hielt Angriffe wilder Bienen, mangelnde Hygiene und schlechte Witterungsbedingungen aus – es hat sich gelohnt.
Das Ergebnis ist nicht nur ein beeindruckender Naturfilm, der den afrikanischen Taï-Nationalpark zeigt, wie ihn wohl kaum zuvor jemand gesehen hat. Sondern auch eine authentische Tierdokumentation, die einen besonderen Einblick in das Familienleben wild lebender Schimpansen gibt und die unglaubliche Geschichte des Schimpansenjungen Oskar erzählt.

Ganz ohne Drehbuch: Der Film erzählt die authentische Geschichte eines Schimpansenjungen
Wild lebenden Schimpansen in ihrer natürlichen Umgebung so nah zu kommen, war den Filmemachern nur dank Christophe Boesch und seinem Team möglich. Der Direktor des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig zählt zu den bekanntesten Schimpansenexperten der Welt und studiert die Menschenaffen des Taï-Nationalparks bereits seit über drei Jahrzehnten. Es gab kein Drehbuch – das Team wartete ab, welche Geschichte die Natur schreiben würde. Und es war eine, die selbst den versierten Boesch und die wohl bekannteste Schimpansenforscherin Jane Goodall (wissenschaftliche Beraterin bei "Schimpansen") erstaunte: Hauptdarsteller von "Schimpansen" wurde Schimpansenjunge Oskar, der zu Beginn der Dreharbeiten geboren wurde und mit Hilfe seiner Mutter lernte, sich im Regenwald zurechtzufinden. Nach einem Angriff der benachbarten Schimpansengruppe ist Oskars Mutter verschollen. Der mittlerweile dreijährige Oskar kann noch nicht alleine überleben und sucht verzweifelt nach einem anderen Weibchen, das ihn aufnimmt. Doch diese haben selbst Junge und weisen Oskar ab. Schließlich nimmt sich Freddy, das Alphamännchen, des kleinen Schimpansenjungen an. Und das mit erstaunlicher Hingabe: Er teilt seine Nahrung mit Oskar, trägt ihn auf seinem Rücken und verteidigt ihn gegen andere Gruppenmitglieder. Auch wenn Adoption bei Schimpansen keine Seltenheit ist, so wurde ein Verhalten wie dieses, dass das ranghöchste Männchen sich um das rangniedrigste kümmert, bislang noch nie beobachtet.
Nur was man kennt, kann man auch schützen
Ein besonderes Anliegen der Filmemacher war es, das Leben und den Lebensraum der Schimpansen zu dokumentieren und so ein Bewusstsein für die Gefährdung unserer nächsten Verwandten zu schaffen. Denn nur das, was man kennt, kann man auch schützen. Ein Teil der Einnahmen der Ticketverkäufe fließt in die "Wild Chimpanzee Foundation" von Christophe Boesch, die sich für die letzten wild lebenden Schimpansen und den Schutz ihres Lebensraums einsetzt.
Fazit
"Schimpansen" lässt Erwachsene und Kinder gleichermaßen in die Welt der wild lebenden Schimpansen eintauchen. Den Filmemachern ist es gelungen, eine authentische Geschichte einzufangen, das Erwachsenwerden eines jungen Schimpansen in Freiheit und die Sozialstrukturen unserer nächsten Verwandten zu zeigen. Zudem beeindruckt "Schimpansen" auch als Naturdokumentation. Zeitraffer-Aufnahmen zeigen beispielsweise nachts fluoreszierende Pilze, die ganze Bäume wie ein leuchtender Teppich überziehen. Die dreijährige Arbeit des Filmteams um Alastair Fothergill und Mark Linfield hat sich ausgezahlt. Das Ergebnis ist eine faszinierende Dokumentation der westafrikanischen Flora und Fauna.
"Schimpansen" ist ab dem 9. Mai 2013 in den Kinos.