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Biologie Können sich Vögel über Artgrenzen hinweg fortpflanzen?

Flussseeschwalbe
Schert sich wenig um Artgrenzen: die Flussseeschwalbe (Sterna hirundo)
© mauritius images / blickwinkel / Willi Rolfes
Bislang glaubten Biologen, Partner verschiedener Arten könnten keine zeugungsfähigen Nachkommen haben. Dieses Dogma kommt nun ins Wanken

Offenbar ja, wenn Partnernotstand herrscht. Äußerlich sind sie kaum zu unterscheiden: Küstenseeschwalben und Flussseeschwalben verfügen beide über einen roten Schnabel, weißes Gefieder und rote Beine. Trotz abweichender Lebensweisen sind die äußerlichen Unterschiede minimal. Sogar Ornithologen fällt es schwer, beide Arten auseinanderzuhalten.

Die Vögel selbst nehmen es offenbar auch nicht so genau. Schon länger gibt es den Verdacht, dass die Seeschwalben gelegentlich mit der jeweils anderen Art fremdgehen. Jetzt gelang Wissenschaftlern in den USA erstmals der genetische Nachweis. Auf Penikese Island hat Carolyn Mostello von der Massachusetts Division of Fisheries & Wildlife ein Brutpaar beobachtet, das aus einer männlichen Küsten- und einer weiblichen Flussseeschwalbe bestand.

Küsten- und Flussseeschwalben paaren sich öfter als gedacht

Von 2007 bis 2014 konnte das Paar neun Küken großziehen. Die Nachfahren gelten als Hybride der ersten Generation. Zufällig entdeckten die Forscher, dass einer von ihnen auf die Insel zurückkehrte und sich dort mit einer weiblichen Flussseeschwalbe verpaarte. Dieser Liaison entsprangen drei gesunde Küken, Hybride der zweiten Generation, was ungewöhnlich ist. Eigentlich werden Artgrenzen dort gezogen, wo zwei Individuen keinen fortpflanzungsfähigen Nachwuchs zeugen können.

Hier lag nun ein Beweis für das Gegenteil vor.

Die Forscher nehmen an, dass den Küstenseeschwalben auf Penikese Island kaum etwas anderes übrig bleibt, als sich fremdzupaaren. Nur eine Handvoll ihrer Art sieht sich bis zu 2500 Individuen der anderen Art gegenüber. So kann aus einem Seitensprung eine langjährige Ehe werden. Doch es gibt auch eine andere Erklärung.

Möglicherweise war das Ei, aus dem die männliche Küstenseeschwalbe später geschlüpft ist, in das Nest der anderen Art geraten, und der Jungvogel wurde dort fehlgeprägt. In gemischten Kolonien kommt das nicht selten vor. „Vielleicht paaren sich Küsten- und Flussseeschwalben öfter, als man annimmt“, so Carolyn Mostello.

GEO NR. 07/2017 - Berührung

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