"Wir wissen mehr über die Oberfläche des Mondes als über die Tiefen unserer Ozeane", ist unter Meeresforschern ein geflügeltes Wort. Erst wenige Prozent der Wasserlandschaften in ewiger Finsternis sind heute erforscht und vermessen. Doch während noch Mitte des 19. Jahrhunderts einer der Begründer der Tiefseeforschung, der Brite Edward Forbes, bestritt, dass Leben unterhalb von 550 Metern überhaupt möglich sei, wissen wir heute: Selbst im elf Kilometer tiefen Marianengraben wimmelt es nur so von Leben.
Viele dieser Lebewesen muten wie bizarre Kreaturen von fernen Planeten an. Oder wie Gestalten eines phantastischen Traums. So auch jener Fisch, der dem Tauchroboter des US-Forschungsschiffs "Okeanos Explorer" vor der Nordostküste der USA vor die Kamera schwamm - oder besser: segelte.
Das Tier ist zwar wissenschaftlich beschrieben und ordnungsgemäß benamst (Harriotta haeckeli). Doch darüber hinaus ist über das elfengleiche, rund 60 Zentimeter lange Wesen aus der Familie der Langnasenchimären fast nichts bekannt. Zu wenig jedenfalls, als dass die IUCN den Gefährdungsstatus der Art angeben könnte. Zu befürchten ist jedoch, dass ihre Population durch die zunehmende Tiefseefischerei bedroht ist.
Chimären (von griechisch chimaera, ein mythisches Ungeheuer) mögen für uns ungewöhnlich aussehen. Doch sie gehören zu den ältesten Lebewesen der Erde. Und sie sind eng verwandt mit den Haien, von deren Entwicklungslinie sie sich vor rund 400 Millionen abspalteten. Sie besitzen hoch empfindliche Sinnesorgane, sogenannte Lorenzinische Ampullen, mit denen sie auch schwächste elektrische Felder von Beutetieren wahrnehmen können. Mit ihren namengebenden langen "Nasen" durchsuchen sie den schlammigen Grund der Tiefsee nach wirbellosen Leckerbissen. Gesehen hat das allerdings noch niemand.
Mehr über die Forschungsmission: oceanexplorer.noaa.gov/okeanos