Die Schuppentiere, wie Pangoline auf Deutsch heißen, gibt es in Afrika wie in Asien mit je vier Arten. Die in Vietnam und Laos heimischen – das Chinesische und das Malaiische Schuppentier – werden so groß wie Katzen und sehen aus wie fürs 3-D-Kino animierte Tannenzapfen auf Beinen. Ihre Geschichte erzählt allerdings ein Drama: den Wandel von kaum bekannten Säugetieren zu den am meisten illegal gehandelten Spezies der Welt.
In freier Natur laufen Pangoline seit 80 Millionen Jahren auf ihren Stummelbeinen durch die Tropen, graben mit den Vorderklauen in der Erde und holen mit ihrer bis zu 40 Zentimeter langen klebrigen Zunge Termiten und Ameisen aus deren Bauten. Zähne besitzen sie nicht.
Bei Gefahr rollen sie sich in ihrem Schuppenpanzer wie ein Igel zu einer Kugel zusammen. Eine effektive Strategie gegen Fressfeinde. Mit einer Ausnahme: Menschen. Die müssen sich nur bücken, um die Kugel aufzusammeln und in den Kochtopf zu stecken. Mindestens 100.000 Pangoline, so schätzten Experten der Anti-Wildhandel-Organisation Traffic schon 2009, werden jedes Jahr aus südostasiatischen und zunehmend auch aus afrikanischen Wäldern oder Savannen geklaubt und hauptsächlich nach Vietnam und China verkauft – wahrscheinlich sind es eher Millionen.
Dort feiern Wohlhabende gern Partys mit Pangolin-Geschnetzeltem. Die Keratinschuppen werden vom gekochten Leib gebrochen und zu vermeintlichem Heilpulver gerieben: ab 400 Euro pro Kilogramm gegen Impotenz und Frauenleiden. Reiswein mit eingeweichtem Pangolin gilt als eine Art universaler Zaubertrank.
So absurd die Versprechen, so gigantisch der Markt: Allein in den ersten sieben Monaten des Jahres 2016 spürten Behörden in Afrika und Asien 15 000 Tonnen aus Afrika geschmuggelter Pangolinschuppen auf – sie stammen von bis zu 24 000 getöteten Tieren. Vietnamesische Hafenbehörden konfiszierten im Winter 2015 mehr als sieben Tonnen tiefgefrorene Pangoline. Und auch im Westen verlangen Asiaten nach ihnen: Der US-Zoll beschlagnahmte von 2005 bis 2014 30 000 Importe von Pangolinprodukten, französische Zollbeamte spürten seit 2009 insgesamt 558 Kilogramm Schuppen auf, deklariert als Hundetrockenfutter und Fischschuppen.
China sperrt sich gegen ein Handelsverbot
Das Malaiische und das Chinesische Schuppentier sind „vom Aussterben bedroht“, das Vorderindische und das Palawan-Schuppentier wurden von der IUCN als „stark gefährdet“, die restlichen als „gefährdet“ eingestuft. In Vietnam sind die Tiere in der Natur fast ausgestorben.
Doch nun soll endlich etwas geschehen: Mehrere Länder, darunter Vietnam, fordern beim CITES-Treffen im September 2016: Statt eines eingeschränkten soll ein absolutes Handelsverbot für Pangolin-Wildfänge gelten. Hauptabnehmer China ist dagegen – und stellt weiterhin Importgenehmigungen für Pangolinschuppen aus: Es handele sich um Medizin für Hospitäler.
In Nachbarländern wiederum versagt die Strafverfolgung. Traffic-Artenschutzexperten haben beobachtet, wie sich Myanmar zur Drehscheibe des illegalen Pangolinhandels entwickelt hat. Auf dem berüchtigten Markt von Mong La nahe der chinesischen Grenze werden massenhaft Tiere angeboten, tot wie lebendig, ohne dass irgendeine Behörde einschreite – so fasst Chris Shepherd die Misere zusammen. In Laos sieht es kaum besser aus.
Vietnam macht mobil gegen den illegalen Handel
In Vietnam hingegen steigt der Druck auf die Schmuggler: Pangolinschuppen werden von Krankenversicherungen nicht mehr als Arzneimittel bezahlt. Anfang 2016 lancierten Tierschützer die Medienkampagne „Krieg der Pangolin-Kriminalität“. Seither klären sie über die sozialen Netzwerke auf, dass Heilsversprechen Mumpitz sind, oder inspizieren mit Behörden Restaurants und Medizinläden. Save Vietnam’s Wildlife hat im Februar ein neues Pangolin-Infozentrum eröffnet, durch das jeder der 100.000 Besucher des Cuc-Phuong-Nationalparks gelotst wird.
Und erst im Juli ist in Vietnam ein Gesetz verschärft worden, das illegalen Handel mit Pangolinen mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft. Konfiszierte Tiere dürfen dann, nach einer Registrierung, ausgewildert werden. Es gibt also noch Hoffnung.
Mehr über das Schuppentier, seine Gefährdung und seinen Schutz bei der Welttierschutzgesellschaft: welttierschutz.org/projekte/tierschutzbildung/wildtiere-in-vietnam