Hans-Otto Pörtner schiebt den Kabeljau nicht zum Garen in die Röhre. Der Fisch schwimmt in einem geräumigen Plexiglas-Zylinder, der genau in die Geräteöffnung eines Tomographen passt, in dem das Tier "durchleuchtet" werden soll.
"Mit diesem Gerät können wir den Kreislauf und den Stoffwechsel an lebenden Meerestieren online beobachten und messen", sagt der Zoologe, der am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven den Bereich Ökophysiologie leitet. "Das ermöglicht uns nicht nur eine ganz neue Art von Experimenten, sondern spart auch viele Versuchstiere ein."
Eine Wasseraufbereitungsanlage sorgt für gleich bleibende Versuchsbedingungen, eine Pumpe für stetige Strömung, gegen die der Kabeljau bei den Aktivitätstests anschwimmen muss. Neben der Sauerstoffversorgung der verschiedenen Gewebe interessieren sich die Forscher vor allem für den Umsatz der Energie speichernden Creatin- und Adenosintriphosphate (ATP).
Anhand dieser Werte lässt sich unter anderem ermitteln, wie die Tiere sich an die Temperaturen ihres Lebensraumes anpassen. Hier bestehen auffällige Unterschiede etwa zwischen Fischen der Arktis und der Antarktis: Für letztere bedeuten Temperaturen oberhalb von fünf Grad einen regelrechten "Hitzestress", sagt Pörtner. Kabeljaus aus den arktischen Gewässern der Barentssee hingegen und aus der südlichen Nordsee zeigen beide bei einer Wassertemperatur von zehn Grad keinerlei Unterschiede in der Leistungsfähigkeit und Sauerstoffaufnahme.
In einem weiteren Forschungsvorhaben wollen die Physiologen den Einfluss des Säuregrads von Meerwasser auf seine Bewohner beobachten. Schon jetzt gelangt in der Atmosphäre angehäuftes CO2 in das Oberflächenwasser und führt dort zu einem Anstieg des Säuregrads. Weil darüber hinaus einige Nationen planen, das in Verbrennungskraftwerken entstehende Kohlendioxid in die Tiefsee einzuleiten, haben die Forscher vor, mit dem Kernspin-Tomographen zu untersuchen, wie sich die dann zu erwartende Versäuerung auf die Organismen auswirken würde.