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Als der Beutelwolf 1936 unter Schutz gestellt wurde, war es schon zu spät: Das vermutlich letzte Exemplar dieser Art starb nur zwei Monate später in einem kleinen Zoo in der tasmanischen Stadt Hobart. Die Insel im Südosten Australiens war das letzte Rückzugsgebiet der bedrohten Spezies.
Aus der Museumssammlung zurück ins Leben Ein Forscherstab um den Direktor des Australischen Museums, Professor Mike Archer, will nun Jurassic Park Wirklichkeit werden lassen: Aus einem in Alkohol konservierten Embryo wollen sie Erbgut isolieren und so das fast 140 Jahre alte Ungeborene klonen. Ein faszinierendes und, wie Kritiker meinen, unmögliches Unterfangen. Denn bei ausgestorbenen Spezies wie dem Beutelwolf fangen die Schwierigkeiten schon mit dem Gewinn geeigneten Erbmaterials an.
Vergängliches Erbgut
Nach dem Tod eines Lebewesens beginnt dessen DNS zu zerbröseln. Als die Wissenschaftler des Australian Museum Proben aus verschiedenen Organen des Museums-Embryos sowie aus Knochen zweier weiterer Exemplare entnahmen, fanden sie, wie erwartet, nur DNS-Bruchstücke.
DNS-Flickwerk Das Fehlen eines intakten Erbfadens verlangt einen aufwändigen Zwischenschritt: Die Beutelwolf-DNS muss entschlüsselt werden. Nach diesem Bauplan könnten Forscher die Fragmente dann aneinanderstricken. Das rekonstruierte Beutelwolf-Genom wird also Flickwerk sein. Ob es sich für den anschließend nötigen, extrem fehleranfälligen Prozess eignet, bei dem die Zelle auf die Steuerung der Embryonalentwicklung programmiert wird, ist ungewiss.
Woher die Eizelle nehmen? Vor einer weiteren Hürde stehen die Biologen bei der Beschaffung von Eizellen für das Klonen. Der Bedarf ist dabei enorm: Um Dolly zu schaffen, verbrauchten Wissenschaftler des schottischen Roslin-Instituts 430 dieser so genannten Oozyten. Die wenigen Erfolgsmeldungen beim Klonen bedrohter Arten gleichen sich daher in einer Hinsicht: Stets findet sich in der nahen Verwandtschaft der Tiere eine domestizierte Art. Und zwar eine, bei der die Vervielfältigung bereits gelungen ist.
Auch die Eizelle trägt Erbinformationen
Die durch "Inter-Spezies-Transfer" erzeugten Tiere sind naturgemäß Mischwesen: In den Mitochondrien, den außerhalb des Kerns liegenden Kraftwerken der Zelle, steckt ebenfalls eine kleine Menge eigener DNS. Sie bleibt bei der Entkernung in der Eizelle und wird dem neuen Wesen von der Eizellspenderin "vererbt". Auf das äußere Erscheinungsbild, den Phänotyp, hat diese mitochondriale DNS jedoch nach allem, was Biologen wissen, keinen Einfluss.
Rätselhafte Fortpflanzung
Während Zoologen die Fortpflanzungsorgane und -zyklen von Nutztieren relativ gut kennen, stehen sie bei Wildarten häufig vor einem Rätsel. Bis heute konnte etwa noch nie jemand einer Elefantenkuh einen durch künstliche Befruchtung erzeugten Embryo erfolgreich implantieren. Da einige Spezies sich in Gefangenschaft auch auf natürliche Weise nur sehr selten oder überhaupt nicht vermehren, dürfte sich das Erzeugen einer Trächtigkeit nach Einschätzung von Experten als schwierigstes Problem beim Klonen gefährdeter Arten herausstellen.
Nahe Verwandte sollen den Embryo austragen
Als Leihmütter für einen in ferner Zukunft erzeugten Embryo haben die australischen Forscher schon Kandidaten ins Visier genommen: den Ameisenbeutler (Numbat) und den Tasmanischen Teufel. Dieses kleine Raubtier gilt als nächster Verwandter des Beutelwolfs.
Schafft das Projekt die letzte Hürde?
Die Kosten für das auf zehn bis 20 Jahre veranschlagte Vorhaben schätzen Biologen auf 80 Millionen Euro. Nach Ansicht von Kritikern wäre das Geld zum Fenster hinausgeworfen. Denn selbst wenn der Plan Erfolg hätte: Das Beutelwolfjunge ließe sich nie auswildern, denn es gibt keine Elterntiere, die es das Überleben in den Wäldern lehren könnten.
Chance für die Menschheit Durch solche Einwände lässt sich Professor Archer nicht beirren. Für ihn ist das Projekt eine Chance, die mutwillige Ausrottung des Beutelwolfs durch den Menschen rückgängig zu machen. Und dann reizen ihn die technologischen Herausforderungen des Projekts: "Wir werden auf vielen neuen und aufregenden Gebieten der Gentechnik die Nase vorn haben", erklärt Archer.