Schellack ist ein geheimnisvolles Produkt. Er schützt Barock- und Biedermeiermöbel, Violin- und Gitarrenkörper. Noch Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Schallplatten aus diesem Stoff gefertigt. Heute muss man Spezialgeschäfte aufsuchen, um ihn noch zu finden. Woher er stammt und wer ihn produziert, dürfte kaum noch jemandem geläufig sein.
Es handelt sich bei dem Naturstoff um ein tierisches Produkt, das entsteht, wenn befruchtete Weibchen der Lackschildlaus Kerria lacca an jungen Trieben ganz bestimmter Pflanzen saugen und dabei eine harzige Substanz ausscheiden. Um ein Kilo davon zu gewinnen, braucht es die Sekrete von etwa 300.000 Lackschildläusen. Nach einem komplizierten Verfahren lässt sich aus der klebrigen Rohmasse schließlich Schellack herstellen. Ein mühsames Geschäft.


Die Ureinwohner vom Volk der Ho gehören zu der Gruppe der Adivasi, die sich selbst „erste Menschen“ nennen. Sie leben im West Singhbum District des nordostindischen Bundesstaates Jharkhand und produzieren seit Generationen Schellack in den subtropischen Wäldern, die sich einst über den ganzen Nordosten des Subkontinents erstreckten. Die Ho sammeln Honig und bauen ein Gras an, das sie "Sabbai" nennen und aus dem sie traditionell Besen, Körbe und Matten flechten. Davon lässt sich mehr schlecht als recht leben, denn die Wälder sind übernutzt. Die Menschen wissen wenig von standortgerechter Landwirtschaft und saisonale Klimaschwankungen lassen keine stabilen Ernten zu. Viele Orte sind nur zu Fuß erreichbar. Die Ho müssen ihre Waren häufig in tagelangen Märschen zu den Märkten tragen. Und dort werden sie oft von gerissenen Zwischenhändlern übervorteilt. Mangels Bildung verstehen sie wenig von Handel und Preisgestaltung. Analphabetismus, Mangelernährung und hohe Kindersterblichkeit machen den Ho zu schaffen.
In diesem Gebiet hat "GEO schützt den Regenwald e.V." gemeinsam mit der Karl-Kübel-Stiftung aus Bensheim bei Darmstadt und mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ein Projekt ins Leben gerufen. Dessen Aufgabe war es, die Wasserversorgung und die medizinische Betreuung für rund 8.600 Menschen in 36 Siedlungen der Ho zu verbessern und angepasste landwirtschaftliche Techniken für die Region zu vermitteln.
Lokale Selbsthilfegruppen sollten Kindergärten und Schulen einrichten und für die Bevölkerung neue Einkommensquellen erschließen, von denen sich leben lässt, ohne die natürlichen Ressourcen wie den Wald zu zerstören. Auf diese Weise ließ sich die Lebensgrundlage der Ho so weit verbessern, dass sie ihre traditionelle Lebensweise beibehalten können.
Im Dezember 2007 wurde das Projekt erfolgreich abgeschlossen.
