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Ökologie: Der Kleine, der den Großen schützt

Einem begehrten Pilz hat ein Naturschutzpark im Nordwesten der Demokratischen Volksrepublik Korea seine Existenz zu verdanken

Der Speisepilz Tricholoma matsutake ist der Schatz des Chilbosan-Nationalparks. Jedes Jahr im September kommen nordkoreanische Sammler, um im staatlichen Auftrag nach der Delikatesse zu suchen, die im Handel mit Japan und Südkorea zu einer der wichtigsten Devisen-Einnahmequellen der Demokratischen Volksrepublik geworden ist.

Jährlich werden zirka 200 Tonnen des zehn bis 15 Zentimeter großen Pilzes geerntet. Die Sammler erhalten etwa 12 000 nordkoreanische Won pro Kilogramm, was dem durchschnittlichen Dreimonatseinkommen in Nordkorea entspricht; in Japan und Südkorea kommt der Pilz jedoch mit über 100facher Wertsteigerung für mehr als 500 Euro pro Kilogramm auf den Markt.

Der Grund für den hohen Preis: Bisher ist es nicht gelungen, diesen Pilz, der mit der weit verbreiteten koreanischen Kiefernart Pinus densiflora vergesellschaftet ist, in gleicher Qualität zu kultivieren. Offenbar bieten das vom Meer beeinflusste gemäßigte Klima des Parks und die vulkanischen Böden eine ideale Lebensgrundlage für Tricholoma matsutake - wie auch für die enorme Vielfalt an Pflanzenarten in dem 600 Quadratkilometer großen Naturschutzgebiet.

Den deutschen Wissenschaftlerinnen Regine Jahn und Birgit Gemeinholzer vom Botanischen Garten und Botanischen Museum der FU Berlin wurde es nun gestattet, zusammen mit nordkoreanischen Kollegen vom Central Botanical Garden Pyongyang diesen Artenreichtum zu erforschen. Als Fernziel soll im Park eine Samenbank als Genpool für die Wiederaufforstung abgeholzter Regionen Nordkoreas eingerichtet werden - der Laubmischwald im Chilbosan-Park weist allein mehr als 120 verschiedene Baumarten auf. Das sind etwa zehnmal so viele wie in einem europäischen Forst.

Die Hoffnung, die Vielfalt erhalten zu können, gründet sich vor allem auf Tricholoma matsutake. Denn "solange es einen Markt für den Pilz gibt, ist das Überleben des Parks gesichert", sagen die deutschen Botanikerinnen. Auch kulinarisch haben sie das Gewächs schätzen gelernt: "Kenner grillen die Delikatesse über Holzkohle oder genießen sie sogar roh", berichtet Regine Jahn.

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