
Hallelujah! Was für eine Wendung im seit Jahren tobenden Expertenstreit über Statistik, Grenzwerte und Risiken des weltweit am meisten verspritzten Herbizids.
Eine Million Tonnen Glyphosat landen jährlich weltweit etwa auf Soja- und Weizenfeldern, im Park oder im heimischen Garten; allein in Deutschland sind es 6000 Tonnen. Und so findet man, logische Folge, längst überall Rückstände: im Brot, in unserem Urin. In der Muttermilch.
Null Problem - behaupten Hersteller wie Monsanto. Auch die Experten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) empfahlen Ende 2013 der EU-Kommission, das Breitbandherbizid weiter zuzulassen: Bei korrekter Anwendung und solange die Grenzwerte nicht überschritten werden, bestehe keine Gefahr.
Ich will aber kein Glyphosat in meinem Urin. Ich finde es auch nicht vertrauenerweckend, dass die EU-Lebensmittelkontrollbehörde EFSA nach Meldungen von Grenzwertüberschreitungen die Grenzwerte einfach hochsetzte, etwa bei Weizen gleich ums Hundertfache. Vor allem will ich nicht ungefragt als Versuchskaninchen dienen für ein globales Chemie-Experiment, dessen Ausgang völlig offen ist.
Solche Experimente können nämlich katastrophal scheitern - wie aktuell das mit Insektiziden der Neonikotinoid-Gruppe. Auch hier wiegelten die Hersteller ab: Das massenhafte Bienensterben habe mit dem Nervengift, das hierzulande bereits 2011 in einem Drittel aller verkauften Schädlingsbekämpfungsmittel wirkte, nichts zu tun.
Dann kamen so starke Zweifel auf, dass die EFSA 2013 ein zweijähriges Moratorium verfügte, um weiter zu forschen. Anfang April hat das EU-Wissenschaftsnetzwerk EASAC nun bestätigt: Neonikotinoide schädigen nicht nur Bienen, sondern auch andere Bestäuber.
Beim laut WHO "wahrscheinlich Krebs erzeugenden" Glyphosat geht es nicht nur um Bienen, sondern um Menschen. Warum hat die EU den Stoff nicht längst - zumindest vorübergehend - vom Markt genommen?