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Biologie: Wilder Blümchensex

Blind vor Liebe zu Orchideen, versäumen Wespenmännchen ihre arterhaltenden Pflichten

Sie ist attraktiver! Sie ist größer! Und sie duftet einfach unwiderstehlich! Kein Wunder, dass manch Schlupfwespenweibchen leer ausgeht, wenn liebestrunkene Männchen in den Bann der verführerischen Konkurrenz geraten. Mit einem Lockstoff, der ein weibliches Sexualhormon der Wespen imitiert, gaukeln Cryptostylis-Orchideen ihrem Bestäuber (Lissopimpla excelsa) sehr erfolgreich die „begattungswillige Wespe“ vor. Wie Anne Gaskett von der Macquarie Universität in Sydney nun erstmals beobachtet hat, geraten die Männchen derart in Wallung, dass 87 Prozent von ihnen beim ersten Besuch auf der Blüte Spermaspuren hinterlassen.

Solche Verschwendung kostet die Männchen Kraft: Viele kommen völlig erschöpft von ihren Flügen zurück, produzieren danach nur kurzlebige Spermien und sterben früh. Die Einmischung der Orchideen in das Wespenliebesleben trifft die gesamte Insektenart. Denn je seltener sich die Wespen untereinander paaren, desto häufiger legen die Weibchen später unbefruchtete Eier ab.

Die Orchidee hingegen profitiert. Denn aus den unbefruchteten Eiern schlüpfen ausschließlich Männchen, haploide Individuen mit nur einem Chromosomensatz. Die Konsequenz: In der nächsten Wespengeneration kommt es zu einem Männchenüberschuss — mit erwünschten Folgen für die Orchidee. Denn je größer der Andrang durch angelockte Männchen am bunten Blütenkelch, desto besser wird Pollen von Pflanze zu Pflanze weitergetragen.

Dass auch die Wespenart überlebt, verdankt sie ihrer Lernfähigkeit: Männchen, die schon Erfahrungen mit der Orchidee gesammelt haben, tappen seltener in die pflanzliche Liebesfalle. Bei der zweiten oder dritten Landung auf der lockenden Blüte konzentrieren sich die meisten auf das Sammeln von Nektar und lassen sich kaum noch auf ein sexuelles Abenteuer mit der Betrügerin ein.

GEO Nr. 07/08 - Wer sind die Amerikaner?

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