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24 Schafe fielen auf einer Weide in der Oberlausitz Wölfen zum Opfer. Neun weitere Tiere aus der Herde werden vermisst. Das sächsische Umweltministerium bestätigte, dass die Schafe nicht wie zuerst vermutet von streunenden Hunden, sondern tatsächlich von Wölfen getötet worden sind. Es handelt sich wahrscheinlich um drei vom Rudel abgedrängte zweijährige Tiere, die sich nun selbständig machen. Im Rahmen einer neuen Rudelbildung erweitern sie ihr Territorium weit über den riesigen Truppenübungsplatz hinaus, der bisher ihr Revier markierte.

"Soko Wolf"
Das sächsische Umweltministerium hat eine Sonderkommission "Wolf" einberufen, die sich aus Wolfsexperten und Vertretern der örtlichen Umwelt-, Forst- und Naturschutzbehörden zusammensetzt. Die "Soko Wolf" trifft sich am 8. Mai 2002 erstmalig, um über Kompensations- und Präventivmaßnahmen zu sprechen. Weitere Angriffe sind bisher durch Nachtwachen der Schäfer verhindert worden. Zusätzlich sollen mobile Metallzäune und im Wind wehende Stofflappen die Tiere von einem weiteren Besuch abhalten. Desweiteren wird eine negative Konditionierung der Wölfe durch "Vergrämen", also Erschrecken durch laute Geräusche, angestrebt.
Wohlwollende Haltung
In einer Umfrage unter deutschen Forst-, Jagd- und Naturschutzverbänden ermittelte die Biologin Gesa Kluth eine überwiegend wohlwollende Haltung dem Wolf gegenüber: "Das liegt vor allem daran, dass die Wölfe auf natürlichem Wege zurückgekehrt sind." Einzelgänger seien im Grenzland schon seit ein paar Jahren unterwegs gewesen. Die Menschen hätten dadurch Zeit gehabt, sich an den neuen Nachbarn zu gewöhnen, sagt die 31-jährige Koordinatorin der deutsch-polnischen Zusammenarbeit in Sachen Wolf. Nach Angaben von Michael Gruschwitz vom Sächsischen Umweltministerium ist die Jägerschaft sogar "stolz auf ihre Wölfe", und auch der Großteil der Bevölkerung empfindet die Ansiedlung der Tiere als etwas Besonderes.
Keine Gefahr für die Bevölkerung
Sorge um Menschen besteht kaum: Denn seit über 60 Jahren gab es in Europa keinen einzigen glaubhaft dokumentierten Angriff eines wild lebenden Wolfes auf Menschen - selbst in Ländern mit großen Populationen, wie Rumänien mit etwa 3000 oder Russland mit knapp 20 000 Tieren. "Wölfe haben in den letzten 500 Jahren so schlechte Erfahrungen mit den Menschen gemacht", sagt der schwedische Wolfexperte Dr. Erik Zimen, "dass nur die Tiere überlebten, die ausreichende Scheu vor uns entwickelt haben." Michael Gruschwitz vom Sächsischen Umweltministerium hob hervor, dass es "keinerlei negative Reaktionen" aus der Bevölkerung gegeben habe, in der Oberlausitz herrsche sehr viel Verständnis für die Wölfe.
Schutz der Wölfe

Dem Internationalen-Tierschutz-Fonds (IFAW) bereiten die Wölfe derzeit andere Sorgen: Untersuchungen ermittelten einen dramatischen Schwund des Bestands in Westpolen. Neben Krankheiten und Abschüssen ist wohl der verstärkte Straßenbau mit ein Grund, dass sich allein dort innerhalb von 20 Jahren die Zahl der Wölfe von 40 auf zwölf reduziert hat - die Tiere werden vom Kontakt mit anderen Rudeln abgeschnitten. "Es ist ein Wunder, dass sich die wenigen Wölfe im deutsch-polnischen Grenzgebiet überhaupt halten", sagt Gesa Kluth. Wenn sie in Deutschland eine Chance haben sollen, müssen die Tiere in der Muskauer Heide weiterhin streng geschützt werden.