In einem McDonald's-Fernsehspot war kürzlich zu sehen, wie Fleischstücke in Reih und Glied über ein Fließband rollen. Die Stücke sehen alle genau gleich aus. Offenbar soll die Gleichförmigkeit suggerieren, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht, dass das fertige Produkt sauber, frisch und genormt ist. Der Spot ist von McDonalds. Von Tieren ist nichts zu sehen. Der österreichische Regisseur Nikolaus Geyrhalter zeigt ähnliche Bilder aus der europäischen Nahrungsmittelproduktion – aber er kehrt die Vorzeichen um. Und erst ist das Gemüse dran.

Der Film beginnt in einem Gewächshaus, unten schimmert es künstlich grün, oben prangt eine bewegliche Apparatur, aus der es plötzlich tropft und rinnt. Eine Beregnungsanlage? Oder ist die Flüssigkeit ein Pestizid? Mit der Frage lässt Geyrhalter den Zuschauer allein. Ihm liegt nichts daran, das Gezeigte zu erläutern, Funktionsweisen zu erklären oder Zahlen aufzulisten. Kein Sprecher mischt sich ein, keine Musik verklärt oder überhöht die Szene.
Geyrhalter verwendet fast ausschließlich Tableaus mit fixen Kameraeinstellungen. Es sind mehrminütige Sequenzen von kühler, manchmal bizarrer Ästhetik, die er zu einem monumentalen Mosaik zusammenreiht. Es sind Andachtsbilder der durchindustrialisierten europäischen Landwirtschaft: Riesenhafte, beleuchtete Gewächshäuser bei Nacht, endlose Spargelfelder mit fernem Lerchengesang, unabsehbare Olivenhaine, Arbeiter, die Pestizide versprühen, Arbeiter bei der Mittagspause, Fabrikhallen, stählerne Gerätschaften, Tiere.
Die Hilflosigkeit der Kreatur Kühe stehen, eingepfercht in einem sich sehr langsam drehenden Stahl-Karussell. Die Kamera zeigt sie von oben. Sie stehen einfach nur da, man sieht und hört sie atmen. Was geht in ihnen vor? Und was wird mit ihnen passieren? Dieses Bild muss man aushalten. Denn gewaltiger als jedes Close-up vermittelt das Bild die Ratlosigkeit und das Ausgeliefertsein der Tiere.
Die Szenen aus den Schlachthöfen, das ist vorhersehbar, sind schwer zu ertragen. Und Geyrhalter hätte es dem Betrachter mit Leichtigkeit noch schwerer machen können. Doch er lässt die Kamera, wie einen einäugigen, teilnahmslosen Kyklopen, das Geschehen beobachten. Wie die panisch erregten Schweine durch einen vergitterten Gang mit einem Elektroschock-Gerät in eine Kammer getrieben werden. Wie der Mann einen großen, stählernen Hebel umlegt, wie die Tiere vollkommen beruhigt auf der anderen Seite der Kammer herausgefahren kommen, um sich von einem anderen Mann willenlos an ihren Hinterläufen aufhängen zu lassen.

Die beiden Männer scheinen das den ganzen Tag zu machen. Man fragt sich: Wie halten die das aus? Eine andere Einstellung: Eine Maschine trennt die hängenden Schweineleiber an der Bauchseite auf. Es dauert nur wenige Sekunden. Blaues Gedärm quillt heraus. Die Maschine setzt jedes Mal so an, dass der Kopf des Schweins sich rüttelnd bewegt. Bei jedem Schwein sieht es gleich aus. Gut zu wissen, dass sie lange tot sind.
Hühner, Forellen, Schweine, Rinder, zusammengepfercht, besamt, abgeerntet. Es sind Bilder heillosen Elends, an dessen Ende der mechanische Tod steht wie eine Erlösung. Szenen von der Tomaten- oder Gurken-Ernte wirken da wie Balsam.
Maschinen Es ist nicht nur der optische Eindruck, der befremdet. Denn die Szenen-Geräusche - Motorengeräusche, Rattern von Fließbändern oder Aufzügen, Quietschen - beginnen zu sprechen, sobald man sie allein lässt. Eine Sequenz zeigt, wie sich die Ausleger eines Pestizid-Tankwagens aufklappen. Unerträgliche Sekunden lang kreischen die ungeölten Gelenke. Ein Sinnbild der Mitleidlosigkeit, der Entfremdung von allem Lebendigem.
Das letzte Bild zeigt Arbeiter beim Desinfizieren des stählernen Schlachthof-Interieurs. Das Fleisch, appetitlich geformt, ist jetzt schon auf dem Weg in den McDonalds-Spot.
Man sollte meinen, dass man das Kino mit einem Gefühl der Empörung verlässt. Aber das ist es nicht. Es ist eher eine namenlose Traurigkeit.
Der Film kommt am 18. Januar in die deutschen Kinos.