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Umweltsünde Streusalz?

Auf spiegelblanken Straßen ist Salz unverzichtbar. Doch es schädigt Bäume und Sträucher, lässt Fahrzeuge rosten. Umweltverbände raten zu salzlosen Alternativen

In Deutschland ist es vielerorts verboten. Dennoch rücken Grundstückseigentümer in diesen frostigen Tagen dem Schnee gern mit Salz zu Leibe - schaufelweise. Die Straßenmeistereien berieseln die Straßen jeden Winter mit 1,5 Millionen Tonnen Salz. Allein in Hamburg landen 250 Tonnen Natriumchlorid pro Streu-Aktion auf Pflaster und Asphalt. Das Salz setzt den Taupunkt des Wassers herunter und zerstört Schnee- und Eiskristalle.

Doch der Gewinn an Tritt- und Fahrsicherheit ist teuer erkauft. Umweltverbände warnen: Das Salz bleibt nach dem Auftauen nicht an Ort und Stelle, sondern wird vom Verkehr in die Luft gewirbelt und versprüht (bis zu 15 Prozent). Schließlich versickert es im Boden oder läuft mit dem Schmelzwasser in die Kanalisation - mit gravierenden Folgen, vor allem für die Vegetation.

Tausende Tonnen Salz füllen die Lager der Straßenmeistereien. Dort soll es bleiben, fordern Umweltschützer
Tausende Tonnen Salz füllen die Lager der Straßenmeistereien. Dort soll es bleiben, fordern Umweltschützer
© Fernando Baptista/ Imago

Schon lange ist bekannt, dass vor allem Alleebäume wie Linde, Kastanie und Ahorn unter dem Wintersalz leiden. Salzhaltige Aerosole verätzen Rinde und Knospen, Bäume und Sträucher schlagen später aus, die Blätter entwickeln sich schlecht und fallen im Herbst früher wieder ab.

Auch im Boden richten die Natrium- und Chlorid-Ionen Schaden an. Das Erdreich verschlämmt und verdichtet sich, das Wasser kann sich nicht mehr ungehindert bewegen. Nährstoffe dagegen werden ausgewaschen und stehen den Pflanzen im Frühjahr nicht mehr zur Verfügung.

Salz schädigt nicht nur Pflanzen

Zum ökologischen Schaden kommt der ökonomische. Denn abgestorbene Straßenbäume und Sträucher müssen nachgepflanzt werden. Zudem greift das Salz Beton, besonders aber Metall an. Verstärkte Korrosion an Fahrzeugen ist die Folge.

"Salz gehört auf das Frühstücksei und nicht auf den Bürgersteig", sagt darum Martin Ittershagen vom Umweltbundesamt - und empfiehlt einen dreistufigen Winterdienst. Erstens: Nebenstraßen sollten nur geräumt, aber nicht ganz von Schnee und Eis befreit werden. Man nennt das auch "weißen Winterdienst". Statistiken zeigen, dass auf nur geräumten Straßen weniger Unfälle passieren. Denn vollkommen freie Straßen suggerieren falsche Sicherheit und verleiten so zu überhöhter Geschwindigkeit.

Stufe zwei: Bürgersteige und Radwege sollen nur mit salzfreien Streumitteln gestreut werden, die mit dem blauen Umweltengel gekennzeichnet sind, also Granulat, Split, Sand oder Kies. Schließlich sollen nur die wirklich gefährlichen Stellen und Kreuzungen gestreut werden - mit Feuchtsalz. Das Anfeuchten des Salzes verhindert, dass die frisch ausgebrachte Körnchen vom Wind oder dem Autoverkehr verweht werden. Der Verband der Kali- und Salzindustrie schätzt, dass so in Städten bis zu ein Viertel der bisher ausgebrachten Salzmenge eingespart werden kann, auf Landstraßen sogar noch mehr.

Allerdings: Salzfreie Streumittel sind offenbar nicht generell umweltfreundlicher als Salz - nämlich, wenn man die Effektivität, die Transport- und die Straßenreinigungskosten berücksichtigt. Ein bisher ungelöstes Problem ist die Entsorgung. Granulat oder Kies verschwindet ja nicht im Boden wie das wasserlösliche Salz. Der Nabu empfiehlt darum, Streumittel nach einer Tauwetterperiode aufzufegen und wiederzuverwenden.

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