Flashmobs kennt inzwischen wohl jeder. Mal treffen sich Menschen um am Hauptbahnhof zu singen oder einfach um als Skulpturen zu posieren. Unter dem Begriff "Smartmobs" hat sich eine Bewegung etabliert, die ihre Aktionen mit Botschaften versieht. Seit Jahren schon treffen sich Globalisierungskritiker und protestieren mit kurzen, scheinbar spontanen Menschenaufläufen und verrückten Aktionen auf öffentlichen Plätzen. Die Verbreitung der Aktionen über Videos im Internet sorgt für Aufmerksamkeit, doch keiner dieser Mobs konnte konkret etwas bewegen.
Anders ist es beim Carrotmob: Er ruft die Menschen nicht zum Protest auf. Stattdessen werden die Unterstützer dazu aufgerufen, in einem ausgesuchten Geschäft einzukaufen und so den Gewinn zu erhöhen. Der Clou: Eingekauft wird nur in Geschäften, die vorher eingewilligt haben, einen Teil des Umsatzes in Energiesparmaßnahmen zu investieren. Die Stärke der Konsumenten wird hier ganz anders eingesetzt als bei einem Boykott: Ladenbesitzer, die bereit sind etwas zum Positiven hin zu ändern, werden belohnt.

Die Idee zu dieser Bewegung wurde 2008 in den USA geboren. Brent Schulkin war der Meinung, dass man mit Boykott nicht viel erreichen kann. So entwickelte er die Idee zum "Buykott": Man kauft, was man sowieso braucht, und tut damit Gutes. 2009 schwappte der Trend nach Deutschland über. Seit dem ersten Carrotmob in Berlin wurden auch in anderen Städten Masseneinkäufe organisiert.
Auch Jörn Hendrik Ast ließ sich von der Idee inspirieren und organisierte bereits zwei erfolgreiche Carrotmobs in Hamburg. Verschiedene Läden werden im Vorfeld angesprochen und aufgefordert, ein Gebot abzugeben. Wer bereit ist den höchsten Anteil vom Tagesumsatz in den energieeffizienten Umbau seines Ladens zu investieren, bekommt den Zuschlag. Dann wird das Netzwerk der "Carrotmober" mobilisiert und aufgefordert, in einem bestimmten Zeitraum in diesem ausgewählten Laden einzukaufen. Durch die Steigerung des Umsatzes kann der Laden dann zum Beispiel auf Ökostrom umsteigen, Energiesparlampen anschaffen oder eine Solaranlage installieren lassen. "Viele Läden verstehen die Idee zuerst nicht", so Jörn Hendrik Ast. "Aber wenn es dann soweit ist, sind die Reaktionen positiv." Natürlich frisst die Organisation eine Menge Zeit und Geld. Ast und seine Kollegen zahlen alle Ausgaben aus eigener Tasche. Aber sie sind von der Idee überzeugt. Und schließlich "muss endlich was getan werden."

Nicht nur klassische Handelsgeschäfte können von der Idee profitieren. Der dritte Carrotmob der Hamburger Gemeinschaft fand im April 2011 erstmalig in einem Club statt. Das Gebot: 25 Prozent des Umsatzes aus Eintritt, Garderobe und Getränken fließen nun in den klimaschonenden Umbau der Eventlocation Hühnerposten. Im Vorfeld wurden 68 Hamburger Clubs angesprochen. Viele zeigten Interesse, doch am Ende machte der Hühnerposten das Rennen. Durch sein Fassungsvermögen von bis zu 2000 Menschen war die Chance groß, neue Interessenten zu erreichen.
Pressearbeit gehört bei jeder Veranstaltung dazu. Die Organisatoren des Hamburger Carrotmobs luden am Abend am Info-Stand die Partygäste zum Gespräch ein und klärten über die Hintergründe zum CarrotClubMob auf. Dass viele Besucher des Abends nicht wussten, dass ein Teil ihres Geldes dem Klimaschutz zugute kommt, war den Organisatoren von Anfang an klar: "Genau diese Leute wollen wir erreichen und bei Ihnen ein Umdenken bewirken. Außerdem ist es schön, Leuten zu erklären, was wir machen, wenn sie es noch nicht wissen".
Die Aktion zeigte, dass nicht nur shoppen, sondern auch feiern für einen grünen Zweck sehr erfolgreich sein kann. Die rund 800 Besucher des Hühnerposten sorgten für reichlich Umsatz und generierten insgesamt 3500 Euro für den Klimaschutz. Weitere Aktionen der Hamburger Carrotmob Community sind in Planung. Dabei bekommen sie im Juni 2011 sogar Unterstützung von Carrotmob-Gründer Brent Schulkin, der dann erstmals nach Deutschland reist, um seine Aktivisten zu besuchen. Besonderes Highlight: Am 20. Juni 2011 ist das Carrotmob-Team auf Einladung des Nachhaltigkeitsrates der Bundesregierung zu Gast auf dem Podium der 11. Jahreskonferenz in Berlin.