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Mutmacher für die Klimakrise? "Das Ozonloch haben wir auch kleingekriegt!"

Mutmacher für die Klimakrise?: Wenn es um Positivbeispiele in puncto globaler Problemlösung geht, ist schnell das Ozonloch zur Hand. Leider zu Unrecht
Wenn es um Positivbeispiele in puncto globaler Problemlösung geht, ist schnell das Ozonloch zur Hand. Leider zu Unrecht
© Serg Zastavkin / Shutterstock
Ob Berufsoptimist, Klimadiplomat, Technologiefreak oder Umweltaktivist: Wenn es um Positivbeispiele in puncto globaler Problemlösung geht, ist schnell das Ozonloch zur Hand. Leider zu Unrecht

Es stimmt zwar: Der erfolgreiche Kampf gegen das Ausdünnen der immer dünner werdenden, lebenswichtigen Ozonschicht ist tatsächlich ein beispielloser Triumph grenzenloser Umweltpolitik.

Schon in den 1970er-Jahren hatten Physiker gewarnt, Industriechemikalien könnten zur Zerstörung der Ozonschicht führen. Gemeint ist damit eine Schicht der oberen Erdatmosphäre, in der natürlicherweise besonders viel Ozon vorkommt – ein Gas, das unter anderem krebserregende UV-B-Strahlen aus dem Sonnenlicht herausfiltert. Regelmäßige Messungen hatten einen dramatischen Befund ergeben: Die Ozonschicht wurde immer dünner; über der Arktis schwand sie zeitweise um mehr als die Hälfte. Die verantwortlichen Gase waren schnell identifiziert.

Kühlmittel wie Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) und andere schädlichen Chemikalien wurden auf einer Konferenz in Montreal im Jahr 1989 weltweit stufenweise verboten. Das entschlossene Handeln der Staatengemeinschaft war ein Erfolg: Seither schließt sich das gefährliche Ozonloch.

Ozon- und Klimaproblematik sind kaum vergleichbar

Sollte so etwas nicht auch beim Thema Klimaerwärmung möglich sein? Wer den erfolgreichen Kampf gegen das Ozonloch als Positivbeispiel anführt, unterschlägt wichtige Unterschiede. Denn für die Zerstörung der Ozonschicht waren nur einige wenige Chemikalien verantwortlich, die sich unschwer durch andere ersetzen ließen. Ein Verbot genügte, um atmosphärenfreundliche Alternativen auf den Weltmarkt zu bringen. Niemand muss heute wegen des Verbots auf Kühlschränke oder Spraydosen verzichten, auch ein Börsencrash oder ein Absturz der Weltwirtschaft blieb aus.

Cover "Das Klimaparadox" von Peter Carstens
© riva verlag

Während der Kollaps des Klimas durch Wetterkapriolen und -katastrophen in unser Bewusstsein dringt, wird die Kluft zwischen Wissen und Handeln immer größer. Doch nicht nur Regierungen und Weltklimakonferenzen versagen dabei, die größte Herausforderung der Gegenwart zu bewältigen. Sondern wir alle. Peter Carstens entlarvt in seinem Buch "Das Klimaparadox" die Ausreden und Rechtfertigungsmuster, mit denen wir uns selbst ausbremsen.

Beim Kohlenstoffdioxid liegt die Sache anders. Der wichtigste Treiber der Klimaerwärmung ist nicht irgendeine Chemikalie, sondern das allgegenwärtige Abgas der Weltwirtschaft. Um die Klimakatastrophe abzumildern, müssten wir die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas zügig und stufenweise verbieten. Oder zumindest radikal einschränken. Von einem solchen Schritt ist die Weltgemeinschaft allerdings meilenweit entfernt, wie der Blick auf die jahrzehntelang mühsam errungenen, aber immer noch völlig unzureichenden Selbstverpflichtungen der Länder zeigt. Der entscheidende Grund für dieses gefährliche Zögern ist die Sorge vor wirtschaftlichen Nachteilen.

Der Kampf für das Ozon war ein großer Erfolg, keine Frage. Aber wer die Problemlösungskompetenz der Menschheit am Ozonloch misst, unterschätzt die gegenwärtigen, existenziellen Bedrohungen des Lebens auf der Erde gewaltig: Forscher haben 1992 und 2017 untersucht, wie sich die neun wichtigsten, durch den Menschen verursachten Probleme der Biosphäre entwickeln. Einen positiven Trend gab es nur beim Ozon.

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