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Grüner leben Der wahrscheinlich beste Nachhaltigkeits-Hack

Nachhaltigkeits-Hack
© Mayer George / shutterstock
Wer klima- und umweltfreundlicher leben will, sollte langfristig denken. Und seine Routinen überprüfen

+++ Kolumne "Alles im grünen Bereich" +++

Der US-Blogger Dave Bruno entschloss sich im Jahr 2008, ein Jahr lang nur mit 100 persönlichen Dingen zu leben. Eine gewaltige Herausforderung, wenn man bedenkt, dass Europäer durchschnittlich 10.000 Gegenstände ihr Eigen nennen. Solche sogenannten Challenges sind seither immer beliebter geworden: Selbstversuche, bei denen jemand versucht (natürlich vor großem Publikum, sonst macht es ja keinen Spaß), sein Leben zu ändern: Ein Jahr Minimalismus. Ein Jahr lang keine Klamotten kaufen. Vier Wochen vegan. Ein Tag ohne Plastik. So etwas ist meist verblüffend schwierig. Manche scheitern. Und daraus erklärt sich auch der große Unterhaltungswert solcher Experimente.

Wenn’s gut läuft, ist der Beweis erbracht, dass es ohne, mit weniger, anders, besser geht. Der Lerneffekt für das Publikum: Ups, wir sind so tief in klima-, oder umweltschädlichen Konsum, in die Ausbeutung und Übernutzung des Planeten verstrickt, dass es uns kaum noch auffällt. Dass wir einen oft abstrusen Aufwand treiben müssen, uns daraus zu befreien. Wer einmal versucht hat, im Supermarkt Produkte ohne Palmöl oder Mikroplastik zu kaufen, kann ein Lied davon singen.

Unterhaltsam sind Challenges also allemal. Aber aus Umweltsicht ist eine andere Frage entscheidend: Wie nachhaltig sind solche Verhaltensänderungen? Und sind sie ansteckend? Machen sie anderen Lust, es auch mal zu versuchen?

Das Zauberwort ist "Routine"

Auch wenn es langweilig klingt: Veränderungen bei dem, was wir regelmäßig tun oder einkaufen, wie wir normalerweise leben, sind wichtiger als spektakuläre Einzelaktionen oder Heldentaten. Auf die ganze Lebensspanne gesehen, sind kleine, gut überlegte Changes weitaus effektiver als glamouröse Challenges. Selbst wenn wir sie gewinnen.

Beispiele lassen sich in jedem Bereich unseres Alltags finden: Immer eine Tasche für Einkäufe dabeihaben. Gemüse lieber freitags auf dem Markt einkaufen (am Bio-Stand). Einmal die Woche das Auto stehen lassen und mit den Öffentlichen fahren. Klamotten länger als eine Saison tragen.

Wer es schafft, nur noch jeden zweiten Tag oder nur einmal die Woche Fleisch zu essen, erreicht in the long run wesentlich mehr als jemand, der sich zwingt, eine Woche ganz auf Fleisch zu verzichten – und nach ein paar Tagen genervt das Handtuch wirft. Das ist ein bisschen wie beim Sport: Wer sich körperlich nie viel abverlangt hat, sollte nicht mit einem Marathon in sein neues Leben als Bewegungsjunkie starten. Sondern nur wenige Minuten laufen, aber dafür regelmäßig. Und sich dann steigern.

Auch das Angebot muss grüner werden

Selbstverständlich braucht es neben Verhaltensänderungen und geänderten Konsummustern auch bessere Rahmenbedingungen für genau dieses Verhalten. Gesetze etwa. Erst wenn die Vorgaben für eine tier- und umweltfreundliche Produktion anspruchsvoller werden, müssen wir nicht bei jedem Einkauf nach den Auswirkungen auf den Planeten forschen. Das gilt für die Tierhaltung ebenso wie für Geräte-Standards. Was in der globalen Produktionskette bis zur Unkenntlichkeit verschwimmt, muss sichtbar werden: Preise müssen die Wahrheit sagen, der ökologische Fußabdruck muss leicht erkennbar sein. Allerdings: Darauf zu hoffen, dass das wachsende Interesse der Gesellschaft an Umweltthemen automatisch zu besseren Standards führt – ist eine Illusion.

Der Ball liegt bei uns im Feld. Bei jedem Einzelnen. Gehen wir es langsam an. Wer sich nicht überfordert, erspart sich Enttäuschungen. Veränderungen brauchen Zeit.

Der Minimalist Dave Bruno hat mit seiner 100-Thing-Challenge einen wahren Hype ausgelöst. Tipp: Nicht nachmachen!

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