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Pseudogetreide Eine Frage der Herkunft: Warum Superfood nicht immer super ist

Getreide
Superfood? Auf jeden Fall sind Pseudogetreide voll im Trend
© Kunhild Haberkern/GEO
Chia, Quinoa, Hanf erobern die Supermärkte. Die als Superfood gefeierten Pseudogetreide enthalten oft viele Nährstoffe. Gut für uns - auch gut für die Umwelt?

Inhaltsverzeichnis

Der Mensch wäre nicht sesshaft geworden, hätte er vor 10.000 Jahren nicht angefangen, Wildgras zu kultivieren. Um die Backeigenschaften zu verbessern, wurden Weizen, Dinkel und Roggen seit einigen Jahrzehnten jedoch so hochgezüchtet, dass inzwischen Probleme auftauchen: Insbesondere Gluten, der fürs Brotbacken so günstige eiweißhaltige Klebstoff im Korn, soll die Ursache für Allergien, Darmbeschwerden, Diabetes und andere Zivilisationskrankheiten sein.

Zurück zum Ursprung – zu Emmer, Einkorn und anderen Urgetreiden – ist deshalb die eine Devise. Ein anderer Trend besteht darin, auf Pseudogetreide auszuweichen, also auf Früchte von Pflanzen, die nicht zu den Süßgräsern zählen. Die neuen oder wiederentdeckten Sorten gelten häufig sogar als Superfoods, die besonders wertvolle Nährstoffe enthalten. Aber sind sie auch gut für die Umwelt?

Amaranth: gepoppte Proteine

Amaranth mischt, meist in gepoppter Form, schon seit den 80er Jahren die Müslischalen auf. Damals fiel Forschern auf, dass die winzigen Samenkügelchen besonders viel Eiweiß mit wertvollen Aminosäuren enthalten. Ökologisch vorteilhaft ist, dass auch die Blätter verwertbar sind, sie lassen sich zubereiten wie Spinat. Außerdem benötigt das Fuchsschwanzgewächs mit den langen, purpurfarbenen bis feuerroten Blütendolden wenig Dünger und Wasser. Da Amaranth die Wärme liebt, wird er in Deutschland in nennenswertem Umfang bislang nur in Baden-Württemberg angebaut.

Quinoa: besser fair

Quinoa, das Gold der Inkas, wird wie Amaranth seit mehr als 5000 Jahren als Grundnahrungsmittel in den Anden kultiviert und punktet mit noch besseren Nährwerten. Durch den Superfood-Boom hat sich der Preis für Quinoa zwischen 2009 und 2013 verzehnfacht. Mit fatalen Folgen für die Kleinbauern in Bolivien und Peru: Konzerne kaufen Landflächen auf, die Anbaumethoden werden industrialisiert, Böden laugen aus und erodieren. Deshalb ist es besonders wichtig, beim Kauf von Quinoa nicht nur auf Bio-Siegel, sondern auch auf fairen Handel zu achten. Einzelne Landwirte bauen Quinoa inzwischen auch in Deutschland an. So entfällt nicht nur der klimaschädliche Transportweg, auch konventionelle Produkte werden hierzulande pestizidfrei angebaut, da es in der EU keine für die Wildpflanze zugelassenen Mittel gibt.

Chia: Boom ohnegleichen

Der Hype um Chia-Samen ist unvergleichlich: Kursierten im Jahr 2013 gerade mal 20 Kilogramm im deutschen Lebensmittelhandel, waren es schon zwei Jahre später mehr als 600 Tonnen. Grund dafür ist, dass der reine Samen der salbei-ähnlichen Pflanze erst seit 2013 in die EU importiert werden darf. Die Markteinführung wurde durch die Story vom Superfood der Mayas und Azteken angekurbelt. Getrübt wird diese Erzählung nicht nur durch lange Transportwege. Hohe Pestizidrückstände in einigen Produkten lassen darauf schließen, dass nicht nur gespritzt wird, um die Anbauflächen von Unkraut zu befreien, sondern auch um die Reifung der Samen zu beschleunigen. Wie bei vielen Produkten gilt: Biosiegel schließen viele negative Umwelteinflüsse von vornherein aus. Alternativ könnte man aber auch Leinsamen essen – als heimisches Superfood enthält er ebenfalls Omega-3-Fettsäuren, viel Vitamine E, Kalzium und Ballaststoffe.

Buchweizen: wiederentdeckt

Buchweizen, ein Knöterichgewächs, wird in Deutschland seit dem Mittelalter angebaut. Die nussig schmeckenden Körner wurden meist als Grütze verspeist, da sich aus dem glutenfreien Mehl kein Brot backen lässt. Die Kartoffel verdrängte den Buchweizen schließlich vom Speiseplan. Ein Nachteil von Buchweizen ist sein geringer Ertrag: eine Pflanze bringt weniger als zehn der dreikantigen Nüsschen hervor. Dennoch hat er von der Lüneburger Heide bis in die Eifel heute wieder eine feste Nische gefunden, weil er als schnell keimende Zwischenfrucht im Ökolandbau besonders geeignet ist, anderen Getreidearten den Boden zu bereiten.

Hanf: Allzweck-Pflanze

Das Anpflanzen von Hanf war in Deutschland wegen der berauschenden Wirkung von Marihuana bis 1996 generell verboten ökologisch hat Hanf viele Pluspunkte: Er muss kaum gedüngt und gar nicht gespritzt werden. Statt dessen unterdrückt er Unkräuter, lockert den Boden auf und wird deshalb gern vor der Aussaat des Wintergetreides angebaut. Dank spezieller Erntemaschinen können sowohl die Fasern als auch die Samen genutzt werden. Die Verarbeitungsreste taugen sogar noch als Rohstoff für Leichtbauplatten. Zwar kann Hanf kein Weizenmehl im Brot vollständig ersetzen, als Zugabe zu Salaten, Müslis und Smoothies stellen die Nüsschen aber gerade für Vegetarier und Veganer eine heimische Proteinquelle dar. Insbesondere das Öl ist reich an ungesättigten Fettsäuren und Mineralien – allerdings zur Zeit auch noch um einiges teurer als vergleichbare Walnuss- oder Leinöle.

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