Manche finden sie praktisch, andere einfach nur nervig: In Plastik eingeschweißte, nicht adressierte Werbeblättchen. Zum Beispiel „Einkauf aktuell“, die wöchentliche, kostenlose Werbepostille der Deutschen Post.
Deren Postboten verteilen das Blättchen nach eigenen Angaben jede Woche an bis zu 20 Millionen Haushalte. Und erreichen so der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse zufolge mehr als 15,6 Millionen Leser - mehr Menschen als jedes andere Werbemedium in Deutschland. Für die Post ist das offenbar ein gutes Geschäft. Zwar gibt es keine offiziellen Zahlen dazu. Einem Bericht der „Welt am Sonntag“ zufolge soll sich der Erlös aber auf 300 Millionen Euro jährlich belaufen.
Wer das Blatt – und andere unerwünschte Sendungen – in seinem Briefkasten nicht will, muss sich aktiv dagegen wehren. Laut Deutscher Post genügt dafür der Hinweis „Bitte keine Werbung einwerfen“ am Postkasten oder an der Haustür. Das ist auch der Verbraucherzentrale zufolge das probateste Mittel gegen die meisten unerwünschten Werbesendungen.
Dem Verein „Letzte Werbung“ reicht das jedoch nicht. Die engagierten Bürger wollen erreichen, dass die Post ihre Postille gar nicht mehr ungefragt in den Postkasten wirft. Und zwar vor allem aus Gründen des Umweltschutzes: Rund 33 Kilo Papiermüll jährlich bekommt jeder Haushalt nach Angaben des Vereins, insgesamt 1,2 Millionen Tonnen ungewollte Werbepost. Hinzu kommt, dass ungeöffnete Plastikverpackungen das Papier-Recycling erschweren.
"Letzte Werbung": Mehrheit der Deutschen will keine unadressierte Werbepost
Nach Angaben von „Letzte Post“ erhalten mehr als drei Viertel aller Deutschen nur ungern nicht adressierte Werbepost. Aber nur ein Viertel habe auch einen „Keine Werbung“-Sticker am Briefkasten. Einige, die jenen Sticker an ihrem persönlichen Briefkasten angebracht haben, ärgern sich dennoch, da die Werbewürfe dann statt im Briefkasten im Hausflur landen. Jetzt hat der Verein eine Online-Aktion gestartet – und bislang fast 60.000 Widersprüche gegen das Einwerfen von "Einkauf aktuell" eingesammelt.
Die Post winkte ab: Ein Sprecher erklärte, es sei im Massengeschäft nicht möglich, einzelne Empfänger über Namenslisten auszunehmen. Zudem sei man bemüht, das Produkt so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten. So sei das Papier immer leichter geworden, werde emissionsarm bedruckt, und auch die bemängelte Plastikfolie sei immer dünner geworden.
Nun will „Letzte Werbung“ vor Gericht ziehen. Aus 100 klagewilligen Betroffenen will der Verein zehn Personen bei der Klage unterstützen. Und so eine grundsätzliche Klärung der Frage herbeiführen, ob das Einwerfen kostenloser Werbung trotz eines schriftlichen Widerspruchs legal ist.
„Einkauf aktuell“ war schon 2011 vor Gericht
Die Initiative stützt sich auch auf einen Fall, der 2011 für Aufsehen sorgte. Ein Rechtsanwalt hatte gegen die unerwünschte Zusendung von „Einkauf aktuell“ protestiert, erhielt das Blatt aber weiterhin. Er zog vor Gericht – und bekam vom Landgericht Lüneburg Recht. Ein Werbeeinwurf gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers, heißt es in dem Urteil, sei eine unzumutbare Belästigung und ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Bei Missachtung drohen der Deutschen Post 250.000 Euro Ordnungsgeld.
Ein Hinweis „Bitte keine Werbung einwerfen“ am Postkasten kam für den Kläger nicht in Frage – weil er selbst entscheiden wolle, welche Werbung er bekomme und welche nicht.
Langfristig will „Letzte Werbung“ eine politische Lösung des Problems. Nämlich, dass jeder der Zusendung von Werbung aktiv zustimmen muss. Eine solche „Opt-in-Regelung“ gilt heute schon für E-Mail-Werbung.