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Naturfilmer Jan Haft "Wiesen wären eigentlich leicht zu retten"

Hummelragwurz und Langhornbiene
Tatort Wiese: Eine Langhornbiene lässt sich von einer Orchidee - einer Hummelragwurz - "verführen"
© Jan Haft
Der preisgekrönte Naturfilmer Jan Haft hat dem Lebensraum Wiese einen abendfüllenden Film gewidmet. Wir haben nachgefragt, warum

GEO.de: Ihre Filme über Moore und Wälder hatten großen Erfolg. Wohl auch, weil es sich um charismatische Naturräume handelt. Warum jetzt die Wiese?

Jan Haft: Ich bin seit meiner Kindheit in Wiesen unterwegs und habe eine große Vorliebe für die heimische Natur. Ich liebe es, mit und ohne Kamera auf die Pirsch zu gehen und den Blick schweifen zu lassen. Gerade in der Wiese! Da leben mehrere Tausend Tierarten, und ein Drittel unserer heimischen Farn- und Blütenpflanzen ist hier zu Hause. Sogar manche Pilze können nur in Wiesen leben, noch dazu die farbenprächtigsten überhaupt. Aber all diese bunte Vielfalt ist bedroht. In den letzten Jahrzehnten ist viel Grünland ist in Ackerland umgewandelt worden. Aber noch gravierender ist die Auswirkung der Industrialisierung im Agrarsektor. Von den fünf Millionen Hektar Grünland, die es in Deutschland gibt, ist nur noch ein Bruchteil voll mit Blumen und Insekten. Ich wollte mit dem Film und vor allem auch mit meinem Buch "Die Wiese – Lockruf in eine geheimnisvolle Welt" auf den vielfach verkannten Wert der Wiesen aufmerksam machen, aufzeigen was die Gründe für das Verschwinden der bunten Wiesen sind und auch Lösungen skizzieren. Denn das ist die frohe Botschaft: Die Wiesen wären eigentlich leicht zu retten.

Hat Sie bei den Dreharbeiten etwas überrascht? Was hat Sie erstaunt?

Immer wieder überraschend ist es, wenn sich Natur-Geschichte aus Büchern und Fachpublikationen plötzlich „live und in Farbe“ vor der Kamera abspielt. Einer der schönsten Momente war für mich, als ein Langhornbienen-Männchen tatsächlich vor meiner Linse eine Hummelragwurz, das ist eine seltene Orchidee, bestäubt hat. Die Pflanze führt das Bienenmännchen dabei hinters Licht: ahmt mit Formen und Farben und mit einem speziellen Parfüm ein Bienenweibchen nach, lockt das Bienenmännchen also mit ganz falschen Versprechungen. Der betörte Bienenmann versucht sich schließlich mit der Orchideen-Blüte zu paaren und bekommt dabei zwei gestielte, gelbe Pollenpakete auf die Stirn geklebt. Wenn er sein Liebesglück dann bei einer anderen Blüte versucht, hat er erfolgreich die Pflanze bestäubt. Er selbst hat allerdings nichts davon. Diese faszinierende Geschichte kannte ich nur aus der Literatur. Sie selbst zu beobachten und auch noch zu filmen war ein absolutes Glanzlicht.

Wir brauchen mehr Wildblumen. Was können Hobbygärtner tun?

Ein paar wilde Ecken kann jeder Garten vertragen. Und wer nicht jeden Quadratmeter zum Fußballspielen oder Grillen braucht, kann auch im Garten eine Blumenwiese anlegen. Samenmischungen mit standortgerechten, einheimischen Wildpflanzen kann man im Fachhandel leicht bekommen. Oft genügt es auch wenn man nicht mehr so oft mäht und natürlich auf das Düngen verzichtet. Dann entwickelt sich zumindest in sonnigen lagen oft wie von selbst eine blühende Wiese. Außerdem können wir Verbraucher beim Einkaufen auf Produkte achten, die nicht in erster Linie preisgünstig sind, sondern aus nachhaltiger Produktion, beispielsweise einer extensiven Weideviehhaltung stammen. Wir alle müssen zudem unsere Stimme erheben und laut sagen, dass uns eine blühende artenreiche Landschaft wichtig ist. Die Politik wird, wie zuletzt in Bayern, zunehmend darauf hören.

Der Film "Die Wiese - Ein Paradies nebenan" läuft seit dem 4. April in den Kinos. Zum selben Thema erschien vom Regisseur Jan Haft das Buch "Die Wiese - Lockruf in eine geheimnisvolle Welt".

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