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Aufwändige Rettung Russisches "Walgefängnis" soll aufgelöst werden - das bringt Probleme mit sich

Walgefängnis, Russland
Bald wieder in Freiheit? Fast 100 Belugas und Orcas sollen nach internationalem Protest aus ihrem "Gefängnis" im Osten Russlands freigelassen werden
© Primorsky Krai/Alexander Safronov/Handout via REUTERS
Nach monatelangem Protest entschieden die russischen Behörden nun: Die fast 100 gefangenen Wale müssen zurück in die Freiheit. Doch zuvor müssen sie aufwändig ausgewildert werden

Knapp einhundert eingesperrte Orcas und Belugas: Seit Monaten steht das „Walgefängnis“ im Osten Russlands in Kreuzfeuer internationaler Kritik von Tierschutzorganisationen. Zuletzt schaltete sich sogar Staatschef Wladimir Putin selbst ein, sprach sich Ende Februar für eine Freilassung aus – und wies den zuständigen Gouverneur der Region Primorje an, Oleg Kozhemyako, den Fall zu prüfen.

Der wachsende öffentliche Druck mündete nun in einen Sieg für die gefangenen Tiere: Sie sollen in die Freiheit zurück. Das meldete die russische Nachrichtenagentur „Tass“.

Grausame Haltungsbedingungen forderten Todesopfer

Die 87 Belugas und zehn Orcas waren teilweise Tausende Kilometer entfernt gefangen und in die russische Hafenstadt Nachodka nahe Wladiwostok gebracht worden – um sie später an chinesische Delfinarien und Aquarien zu verkaufen. In ihren Gehegen leiden sie seit Monaten vor allem unter falschem Futter und Bewegungsmangel, wie der Wal-Experte Thomas Henningsen von Greenpeace Russland auf GEO.de berichtete. Während der Wintermonate waren sie zudem von einer dicker werdenden Eisdecke bedroht. Nach Informationen von Greenpeace Russland sind bislang ein Orca und drei Beluga-Jungtiere gestorben. Selbst der Kreml habe bestätigt, dass die Tiere unter grausamen Bedingungen gehalten würden, sagte Oleg Kozhemyako.

Nun soll der Ozeanograph Jean-Michel Cousteau mit seinem und einem Team russischer Wissenschaftler einen Plan erarbeiten, welche Wale wann „entlassen“ werden können. Forscher und Behörden unterzeichneten dazu am Montag einen Vertrag.

Man kann die Tiere nicht einfach freilassen

Das Problem: Durch die monatelange Haltung in den viel zu engen Becken sind einige der Tiere krank und müssen natürliche Verhaltensweisen erst erlernen. "Die Tiere waren sehr jung, als sie gefangen wurden. Sie müssen also erst einmal das Jagen lernen", sagt David Pfender von der Whale and Dolphin Conservation (WDC). Dazu müssen Sie zunächst in einen guten Gesundheitszustand gebracht werden, das Tauchen neu lernen – und dann vom Menschen entwöhnt werden.

Passieren soll das in einem nahe gelegenen Refugium, einer Art Wal-Reha-Zentrum. In einer abgetrennten Meeresbucht etwa könnten die Tiere auf das Leben in der Wildnis vorbereitet werden - ein Prozess, der Jahre dauern kann, wie Jean-Michel Cousteau auf einer Pressekonfernez sagte. Diejenigen Wale, die sich als zu schwach oder dauerhaft kränklich erweisen, könnten hier ein weitgehend naturnahes Leben führen. Das weltweit erste Refugium dieser Art für Belugas wurde im vergangenen Jahr in Island errichtet. Noch in diesem Jahr sollen dort die ersten Belugas aus einem Delfinarium in China untergebracht werden.

Den starken Tieren steht eine weitere Herausforderung bevor: Denn sie müssen im Idealfall Kontakt zu der Gruppe aufnehmen, aus der sie stammen. Laut Thomas Henningsen, Wal-Experte von Greenpeace Russland, könnte das schwierig werden. Denn die Wale wurden Tausende Kilometer weiter nördlich im Ochotskischen Meer gefangen. Die russische Marine hatte zwar schon früher ihre Unterstützung angeboten. Doch ob es Informationen über die genaue Herkunft der Tiere gibt, ist unklar. Thomas Henningsen rechnet dennoch mit guten Chancen, dass die Auswilderung gelingt - sofern die finanziellen Mittel bereitgestellt werden und die tierärztliche und wissenschaftliche Begleitung sichergestellt ist.

Für Expertise scheint zumindest gesorgt zu sein: Dem Team um Jean-Michel Cousteau gehört auch Charles Vinick an, der 2002 mit der Auswilderung des Orcas "Keiko" für Aufsehen sorgte.

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