Nicht wann ist die Frage - sondern wie schnell: Dass selbstfahrende Autos das Straßenbild beherrschen, ist nur eine Frage der Zeit, glaubt Günter Emberger von der Technischen Universität Wien. Schon in den Dreißigerjahren, so der Verkehrsexperte, werden auf unseren Straßen mehr autonome als von Menschen gelenkte Fahrzeuge unterwegs sein.
Zwar gibt es nach wie vor ungelöste Fragen, zum Beispiel, ob sich die Autosoftware bei einem drohenden Zusammenstoß für die Rentnergruppe oder für die Schwangere mit Kind entscheiden soll. Gleichzeitig sorgten die ersten Real-Life-Unfälle mit selbstfahrenden Fahrzeugen für kritische Aufmerksamkeit. Doch Verkehrsexperten erhoffen sich vom autonomen Fahren vielfältige Vorteile. Etwa eine bessere Auslastung von Straßen und Vermeidung von Staus. Auch die Zahl der Unfälle und die Verkehrsemissionen ließen sich reduzieren, glauben Experten.
Das bedeutet aber nicht, dass wir im PKW weniger Zeit verbringen werden. Im Gegenteil.
50 Prozent mehr Autokilometer durch selbstfahrende Fahrzeuge
Günter Emberger hat mit einem Team der TU Wien und Kollegen der Universität Leeds errechnet, dass wir im selbstfahrenden Auto zwischen 30 und 40 Prozent mehr Kilometer pro Person zurücklegen werden. Und dafür weniger mit Bus, Bahn und dem Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen werden. Insgesamt könnten durch selbstfahrende Autos im Jahr 2050 rund 50 Prozent mehr Autokilometer zurückgelegt werden - während die Kilometerleistung der öffentlichen Verkehrsmittel um 18 Prozent zurückgeht. Auch das gesunde Fahrradfahren und Zu-Fuß-Gehen wird nach den Prognosen der Experten zurückgedrängt: um immerhin 13 Prozent.
Der Grund ist ein völlig veränderter Umgang mit Mobilität: Wer sich, ohne selbst fahren zu müssen, an ein beliebiges Ziel bringen lässt, kann die Fahrzeit sinnvoll nutzen, etwa für die Arbeit oder Lektüre. Damit sinkt der Anreiz, regelmäßig eher kurze Wege zu fahren. Emberger befürchtet, dass darum zukünftig noch weitere Pendelstrecken in Kauf genommen werden – und der ländliche Raum noch weiter zersiedelt werden könnte. Zudem wird das Autofahren auch für größere Bevölkerungskreise interessant. Kinder etwa könnten sich selbstfahrend zur Schule kutschieren lassen. Die Parkplatzsuche übernimmt der Wagen dann selbsttätig.
Wie bekommen wir die Nachteile selbstfahrender Autos in den Griff?
Die mit Computermodellen erstellten Prognosen wurden zwar am Beispiel der nordenglischen Stadt Leeds errechnet, lassen sich aber auf andere Städte übertragen, glaubt Emberger. Ob und wie dramatisch die Folgen der selbstfahrenden Mobilität sein werden, hängt allerdings an einer nicht leicht zu beantwortenden Frage: Ob die Fahrzeuge von nur einem Besitzer oder gemeinschaftlich genutzt werden. Carsharing-Konzepte könnten die Folgen abmildern.
"Man kann aus heutiger Sicht keine einfache Lösung vorschlagen", sagt Günter Emberger. "Aber klar ist, dass wir heute darüber nachdenken müssen, wenn wir in Zukunft die Nachteile dieser Entwicklung in den Griff bekommen wollen."