Anzeige
Anzeige

Weltklimakonferenz in Bonn Warum der Erfolg der Klimakonferenz an uns selbst hängt

In Bonn startet die größte Klimakonferenz in der Geschichte der Bundesrepublik. Ob sie Erfolg hat, entscheiden nicht die 25.000 Teilnehmer. Sondern jeder Einzelne von uns. Ein Kommentar von GEO.de-Redakteur Peter Carstens
Weltklimakonferenz in Bonn: Warum der Erfolg der Klimakonferenz an uns selbst hängt

Am Montag, den 6. November beginnt in Bonn die größte internationale Konferenz, die je auf deutschem Boden ausgerichtet wurde. 25.000 Menschen aus allen Erdteilen werden das beschauliche Bonn zwölf Tage lang in den Fokus der internationalen Politik rücken. Schon jetzt ist es nicht übertrieben, die Konferenz "historisch" zu nennen. Nicht, weil sie viele greifbare Ergebnisse zutage fördern wird. Sondern weil sie ein notwendiger Schritt auf dem Weg zu einem weltumspannenden Klimaschutz ist. Über alle nationalen Interessen, Befindlichkeiten und Mentalitäten hinweg präsentieren sich in Bonn 195 Nationen als verantwortlich handelnde Weltgemeinschaft. Das ist - gerade in politisch unsicheren Zeiten - eine zivilisatorische Errungenschaft ersten Ranges.

Die Glaubwürdigkeit der Klima-Show bröckelt

Aber das gigantische Projekt steckt in einer Dauerkrise: Die Ergebnisse sind unter dem Strich - mager. In Paris hatten sich 2015 die 195 teilnehmenden Staaten darauf geeinigt, die Erderwärmung gegenüber vorindustriellen Zeiten auf "deutlich unter zwei Grad" zu begrenzen. Nach Möglichkeit sogar auf 1,5 Grad. Auch das: historisch. Aber schon damals hatten Klimaforscher angezweifelt, dass dieses Ziel realistisch ist. Mittlerweile wird immer deutlicher: Es ist illusorisch.

Denn einerseits steigen die CO2-Emissionen weltweit - seit Beginn der 1990er Jahre um rund 60 Prozent. Zum anderen reagiert das Klimasystem träge. Selbst wenn wir sofort alle Emissionen stoppten, haben amerikanische Forscher errechnet, würde die Atmosphäre sich bis zum Jahr 2100 immer noch um 1,3 Grad erwärmen. Sehr viel wahrscheinlicher ist dagegen ein Anstieg von über drei Grad. Das ist weit jenseits der Zwei-Grad-Grenze, oberhalb derer die Folgen des Klimawandels unkontrollierbar werden. Und in diese Prognose haben die Forscher beabsichtigte Emissionsreduktionen schon eingerechnet.

Demonstration, Klimakonferenz 2017
Bunte Demo in der Bonner Innenstadt. Unter anderem hatten die Organisationen WWF, Greenpeace, BUND, Oxfam und Brot für die Welt zur Beteiligung aufgerufen.
© SASCHA SCHUERMANN/AFP/Getty Images

Angesichts solcher Differenzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit bröckelt die Glaubwürdigkeit der großen Klima-Show.

Ist neben guten Absichten überhaupt ein gemeinsamer, ernsthafter Wille erkennbar? Selbst Deutschland, das sich gerne als Klimaretter und -vorreiter versteht, macht keine gute Figur. Die Emissionen sinken seit drei Jahren kaum noch. Wir werden unsere selbstgesteckten Klimaziele krachend verfehlen. Da wirkt ein Donald Trump, der aus seiner Gleichgültigkeit gegenüber der Erderwärmung und ihren Konsequenzen keinen Hehl macht, fast erfrischend ehrlich.

Klimaschutz braucht eine Lobby: uns

Wer nach den Gründen sucht, warum die alarmierte Weltgemeinschaft die notwendigen Schritte nicht geht, wird schnell fündig: Mit fossilen Energieträgern lassen sich immer noch gute Geschäfte machen. Kohle, Erdöl und Gas haben eine mächtige Lobby, ebenso die Automobilkonzerne und die konventionelle Land- und Forstwirtschaft. Der Klimaschutz nicht. Und genau darum ist er auch freiwillig: Es gibt keine Sanktionen, weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene. Nationen, die ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreichen, stehen schlimmstenfalls irgendwann blöd da. Das reicht nicht.

Der Klimawandel ist Realität, seine Folgen zeichnen sich jetzt schon ab, überall auf der Welt. Aber Klimaschutz scheint immer mehr Menschen im wohlhabenden Teil der Erde ein verzichtbares Luxusgut. Und das ist die eigentliche Gefahr. Darum ist das, was die Verhandler jetzt am meisten brauchen, ein starkes Mandat. Nur damit wird es auch verbindliche Reduktionsziele geben. Und - darüber dürfen wir uns nicht täuschen - auch die erforderlichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umwandlungsprozesse. Dieses Mandat kann nur von der Basis kommen. Von jedem Einzelnen von uns.

Denn damit Bonn zu einem Erfolg wird, brauchen wir mehr als 25.000.

Peter Carstens ist seit 2002 Redakteur bei GEO.de. Seine Themen: Natur, Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Carstens ist Autor des Buches "Klimafreundlich leben im Handumdrehen".

Neu in Natur

VG-Wort Pixel