Der Umweltökonom Prof. Dr. Reimund Schwarze hat vor Ort die Klimakonferenz von Marokko beobachtet. Hier fasst er die wichtigsten Resultate zusammen
- Als die Nachricht von der Wahl Donald Trumps zum neuen Präsidenten der USA auf der Konferenz die Runde machte, war klar, dass die USA ihre Führungsrolle in den internationalen Klimaverhandlungen verlieren werden. Wenn Trump Obamas Clean Power Plan kassiert, könnte das bedeuten, dass die USA jedes Jahr mehr als zwei Gigatonnen Klimagase zusätzlich ausstoßen. Zum Vergleich: Das könnten wir Deutschen selbst dann nicht kompensieren, wenn wir unsere Emissionen sofort auf null herunterfahren. Denn Deutschland erzeugt insgesamt "nur" 900 Millionen Tonnen Klimagas-Emissionen.
- Das1,5-Grad-Ziel, also eine Begrenzung der Erderwärmung um höchstens 1,5 Grad im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten, ist nach der Entscheidung in den USAnicht mehr zu erreichen. Denn schon heute beobachten wir eine Erwärmung um 1,2 Grad. Ob wir das 2-Grad-Ziel erreichen können, hängt davon ab, ob es zu Ansteckungswirkungen in anderen Ländern und auf den Märkten kommt.
- Aus deutscher Sicht sind die zwei wichtigsten Ergebnisse, dass der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung außerordentlich positiv aufgenommen wurde. Deutschland wird damit die Rolle eines Vorreiters beim Klimaschutz zugemessen. Allerdings sind überhaupt bisher nur drei Klimaschutzpläne vorgelegt worden, von den USA, Mexiko und Deutschland. Norwegen, die Schweiz und Großbritannien, die das angekündigt hatten, haben nicht geliefert.
- Umweltministerin Barbara Hendricks hat erklärt, dass es eine Stärkung der Achse Peking-Berlin geben wird. Sie meint damit verstärkte gemeinsame Anstrengungen in der klimapolitischen und -technischen Zusammenarbeit. Auch das ist eine Folge der Entscheidung in den USA. Ein neues deutsch-chinesisches Führungs-Duo in internationalen Klimaverhandlungen hat sie allerdings kategorisch ausgeschlossen. Unser klimapolitisches Zuhause bleibt die EU.
- Die Verhandlungen liefen glatt. Allerdings ist vieles vertagt worden. Ein Beispiel sind Ausgleichszahlungen für kleine Inselstaaten, die sich an den Anstieg des Meeresspiegels nicht anpassen können. Wer und in welcher Höhe für Verluste und Schäden aufgrund des Klimawandels aufkommt, wird nun erst 2019 verhandelt werden.
- Konkrete Unterstützung der Länder Afrikas bei Klimaschutz und Klimaanpassung wurde erreicht durch die Initiative Frankreichs und Deutschlands. Paris hat drei Milliarden zugesagt, Berlin etwa genauso viel. Und diese Zusagen wurden in konkreten Projekten mit der Afrikanischen Entwicklungsbank vereinbart, so dass es nicht bei bloßen Zusagen bleibt.
- Die Freiwilligkeit der Klimaschutzmaßnahmen bleibt bestehen. Es wird also weiterhin keine Sanktionen geben, wenn Ziele nicht erreicht werden. Darum kann auch ein Präsident Trump die Zusagen, die vor Paris gemacht wurden, ignorieren. Er müsste dafür nicht einmal aus dem Klimavertrag austreten.
- Bei der Mittelverwendung aus dem internationalen Fonds zur Klimaanpassung gibt es Uneinigkeit zwischen den Entwicklungs- und den Industrieländern. 80 Prozent der Mittel laufen nach wie vor in Klimaschutzmaßnahmen. Während die Industrienationen darauf bestehen, einen Teil ihrer Schutzlasten auf die Entwicklungsländer abzuwälzen, fordern die Entwicklungsländer, dass mindestens die Hälfte des Geldes in Klimaanpassungsmaßnahmen fließt, also letztlich in Entwicklungshilfe. Das hieße aber Förderung aus öffentlichen Mitteln, während für Klimaschutz auch viel privates Kapital mobilisiert werden kann.
- Marokko zeigt sich sehr engagiert im Klimaschutz, baut das weltweit größte Solarkraftwerk – und hat alle Rohstoffe, die es dafür braucht. Es hat eine hervorragende geopolitische Perspektive in einer anderen, solaren Welt. Marokko ist in Sachen Klimaschutz für Afrika das, was Deutschland für Europa ist: ein Vorreiter. Darum wurde die Konferenz hierhergeholt. Leider hat das nicht dazu geführt, dass der Grundsatz "Klimaschutz vor Klimaanpassung" bei den Entwicklungsländern gestärkt wurde.
Protokoll: Peter Carstens

© Heide Fest
Prof. Dr. Reimund Schwarze ist Professor für Internationale Umweltökonomie an der Europa-Universität und leitet die Abteilung „Klimaökonomie“ am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Seit über 15 Jahren untersucht er internationale Klimaverhandlungen aus politisch-ökonomischer Perspektive und entwickelt Modelle zur Verbesserung der globalen Klimapolitik. Seine Analysen der Klimagipfel veröffentlicht er in einem Blog und Fachportalen. Die Tweets und Blogbeiträge von Reimund Schwarze: https://twitter.com/ufz_de und www.scilogs.de/umweltforsch.