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Sharing Economy Eine Leihbibliothek für Kleidung

Schon während des Studiums teilten Pola Fendel und Thekla Wilkening ihren Kleiderschrank. Heute ist das Teilen und Leihen von Klamotten ihr Geschäftsmodell - und ein Lösungsansatz für eine nachhaltigere Welt
Sharing Economy: Pola Fendel (25) und Thekla Wilkening (27) hatten 2012 die Idee zum unerschöpflichen Kleiderschrank - der "Kleiderei"
Pola Fendel (25) und Thekla Wilkening (27) hatten 2012 die Idee zum unerschöpflichen Kleiderschrank - der "Kleiderei"
© Denys Karlinskyy

Welche Frau kennt das nicht: Vor einem prall gefüllten Kleiderschrank stehen und dennoch nichts zum Anziehen finden. Schnell die Tasche gepackt und in den nächsten Laden gerannt. Doch man muss gar nicht neu kaufen, um Neues zu tragen. Mit der "Kleiderei" konzipierten die Hamburgerinnen Pola Fendel und Thekla Wilkening eine Lösung des Problems: einen unerschöpflichen Kleiderschrank für modeliebende Frauen.

"Das ist perfekt, weil man immer wieder neue Klamotten bekommt, ohne sie zu kaufen", sagt Fendel. Man müsse sich klar werden, wie viele ungenutzte Kleidungsstücke es gibt. "Da könnten wir über Jahrzehnte leihen", fordert Pola Fendel. Sie und ihre Freundin und Geschäftspartnerin Thekla Wilkening sind stilsicher und lässig in Second-Hand gekleidet und erzählen voller Überzeugung von ihrem Konzept, ihren Idealen und Visionen.

Vor zweieinhalb Jahren gründeten sie die "Kleiderei" im Herzen Hamburgs. "Eigentlich war das eine Schnapsidee. Aber je mehr wir darüber nachdachten, wurde uns bewusst, dass das Konzept ein Lösungsansatz für ein großes Modeproblem unserer Zeit sein könnte.

Mode ohne Müll

Wichtig ist den beiden, dass Mode weiterhin Ausdruck von Persönlichkeit ist. Dass die Trägerin sich ausprobiert und mit der Mode spielt. Aber eben nicht auf Kosten der Umwelt. "Wir finden, das Nachhaltigste, was man in dieser Zeit machen kann, ist keinen Müll mehr zu produzieren", erklärt Wilkening. Daher widmen sich die Inhaberinnen den Bergen von bereits produzierter Mode. Anfangs stellten sie eigene Sachen zur Verfügung. Heute sind es auch Kleiderspenden, Kleidung aus Designer-Kooperationen und ab und an mal ein Teil vom Flohmarkt. Die jungen Unternehmerinnen wählen die Textilien sorgsam aus, achten auf einen guten Zustand und versuchen so, ihre Nutzungszeit zu vervielfachen. Wird ein Teil beschädigt, versuchen sie, es selbst zu flicken und zu reparieren.

Zudem legen sie viel Wert auf individuellen Kundenservice. Sie beraten oder stellen auf Wunsch Pakete mit Kleidungsstücken zusammen, die zum Stil der Kundin passen. Der enge Kontakt zur Kundin und der Netzwerkcharakter des Unternehmens spielen eine große Rolle. In der Kleiderei sind alle Stile und Größen vertreten. "Es ist uns wichtig, unseren Kundinnen keinen Stil zu diktieren oder aktuelle Trends abzubilden. Die Leute müssen lernen, sich ihrem Stil und ihrer Persönlichkeit entsprechend zu kleiden", wünscht sich Pola Fendel - denn Stil soll ihrer Meinung nach nichts mit Geld oder Marken zu tun haben.

Der Konsument hat die Macht

Pola und Thekla wollen Mode und Ökologie zusammenbringen: "Bei Menschen mit einem nachhaltigen Lebensstil ist Mode oft noch ein Tabuthema", sagt Pola, "das ist doch Irrsinn!". Sie und Thekla sind daher stets bemüht, an gesellschaftlichen Klischees zu arbeiten und aufzuklären. "Es darf nicht verwerflich sein, neue Klamotten haben zu wollen, man muss nur Verantwortung übernehmen", wünscht sich Fendel. "Unser Traum ist, dass die Leute besser, bewusster kaufen und alles andere einfach leihen und ausprobieren."

Doch wie soll ein Umdenken in der Modeindustrie geschehen? "Alles liegt in unserer Hand. Wir, die Konsumenten, sind ja die, die Mode fordern. Wenn wir weniger kaufen, werden die Produzenten zwangsläufig nachziehen und weniger produzieren", sagt sie mit Blick auf die Zukunft.

So funktioniert's

Für 34 Euro im Monat können sich Kundinnen online vier Kleidungsstücke aussuchen und für mindestens einen Monat leihen. Gefällt es nicht mehr, wird es zurückgeschickt und weiter verliehen. Genutzt werden nur Kartons aus recycelter Pappe; die Wege werden möglichst kurz gehalten: Kundinnen sollen die Stücke gebündelt und nicht einzeln zurück schicken. Verliehen wird Second-Hand-Kleidung und Ware von lokalen Designern, die fair produzieren lassen.

Tipp

Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe zeigt vom 20. März bis 20. September 2015 "Fast Fashion - Die Schattenseiten der Mode". Die Ausstellung gibt einen umfassenden Überblick über Mode, Produktion, Konsum - und die Folgen.

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