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Gigantischer Ausbruch

Es brodelt auf dem Jupiter-Mond Io. Astronomen beobachteten dort die gewaltigste jemals in unserem Sonnensystem registrierte vulkanische Eruption

Als der Satellit Galileo, der seit 1995 den Jupiter umkreist, in die Nähe des Mondes Io kam, dokumentierte er an einigen Vulkanschloten eine Temperatur von über 1400 Grad Celsius. Das ist weit über 100 Grad heißer als bei den aktiven Vulkanen der Erde. Lange hatte man geglaubt, dass an diesen Stellen des Mondes höchstens eine Temperatur von 380 Grad herrscht.

Die Astronomen Imke de Pater und Franck Marchis von der University of California in Berkeley haben nun spektakuläre Bilder ausgewertet, die vor rund zwei Jahren mit dem weltweit größten Teleskop - dem Keck II auf Hawaii - gemacht wurden. Sie zeigen den Beginn eines fulminanten Ausbruchs, wie er noch niemals zuvor in unserem Sonnensystem dokumentiert worden ist. Kilometerhoch schossen die Lava-Fontänen aus dem Vulkan Surt.

Die geschmolzenen Gesteinsmassen hätten auf der Erde 1000-mal die Grundfläche des Ätna überflutet. Surt setzte eine Energie von 78000 Gigawatt frei. Zum Vergleich: Als der Lavastrom des Ätna 1992 das sizilianische Dorf Zafferana bedrohte, wurden gerade einmal zwölf Gigawatt gemessen.

Ursache für die vulkanische Aktivität: Io rotiert an einem Erdentag mehrfach um die eigene Achse; dabei walkt die Schwerkraft des Riesenplaneten Jupiter den kleinen Mond so stark durch, dass sich dessen Materie erhitzt. Immer wieder kommt es zu gigantischen Magma-Ausbrüchen.

Die Sternenforscher sehen in Io jetzt ein natürliches Labor, in dem sie vulkanische Vorgänge beobachten können, wie sie sich in diesem Ausmaß wohl auch in der frühen Erdgeschichte ereigneten. Wegen der exzellenten Qualität der Bilder des 270 Tonnen schweren Keck-Teleskops lassen sich solche Forschungen direkt von der Erde aus durchführen.

Aus einer Entfernung von rund 628 Millionen Kilometern sind ähnlich präzise Infrarot-Bilder des Jupiter-Mondes entstanden wie jene, die Galileo geliefert hat, der auf gut 640000 Kilometer an Io herankam.

Ein zehn Meter großer Primärspiegel sammelt das Licht aus dem Weltall in 36 Hexagon-Segmenten. Ausgestat-tet mit "adaptiven optischen Systemen" filtert das Gerät Störungen aus, die aufgrund von Turbulenzen in der Atmosphäre entstehen. Bereits Objekte von lediglich 100 Kilometern Durchmesser lassen sich deutlich erkennen.

Übertragen auf irdische Maßstäbe bedeutet dieses Auflösungsvermögen dasselbe, "als könnte man von Los Angeles aus die Scheinwerfer eines Autos in St. Louis noch einzeln wahrnehmen", sagt Frederic Chaffee, Direktor des Observatoriums. "Über 2700 Kilometer hinweg!"

Alle GEOSKOPE aus dem Magazin 4/2003

GEO Nr. 04/03 - Everest

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