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Warum Hubble fasziniert
Herr Fosbury, Herr Albrecht, Sie kümmern sich seit Jahren um das Datenmaterial des Weltraumteleskops. Was ist das Faszinierende an Hubble?
Fosbury: Ursprünglich wurde Hubble konstruiert, um die Hubble-Konstante zu messen. Sie bemisst den Abstand von Objekten in Relation zur Ausdehnung des Universums. Im Laufe der Jahre wurde Hubble jedoch mit immer besseren Instrumenten, für eine Vielzahl wissenschaftlicher Beobachtungen genutzt. Ich glaube, das Beeindruckendste ist die Möglichkeit, Strukturen ferner Galaxien zu beobachten.
Nicht selten lieferte Hubble für die Wissenschaftler überraschende Daten: So wiesen einige Galaxien eine völlig andere als die vermutete Gestalt auf. Weiterhin erzählt uns Hubble Geschichten über die frühen Jahre einzelner Sterne und liefert dadurch Informationen zum besseren Verständnis des Universums. Darüber hinaus registriert Hubble über längere Zeiträume die Veränderungen auf Planeten.
Albrecht: In den sechziger Jahren simulierten Kollegen das Entstehen eines Sterns im Computer. Während die Computersimulation eine eher geordnete Sternengeburt zeigte, liefert Hubble den Beweis, dass die Entstehung eines Sterns wild und explosiv verläuft.
Welche Aufgaben haben Sie bei der Verwertung der Hubble-Daten?
Fosbury: Wir unterstützen die europäischen Wissenschaftler. Hubble verfügt über eine Vielzahl hochempfindlicher Instrumente, deren Kalibrierung wir übernehmen. Außerdem sind wir in die Planung des neuen Teleskops eingebunden. Zusätzlich betreuen wir Projekte mit Studenten. Als Beispiel sei der Aufbau eines Archivs genannt, das die riesigen, von Hubble gelieferten Datenmengen aufnimmt. Wissenschaftler können die Daten einsehen und entscheiden, ob sie die Informationen für ihr Projekt verwenden möchten. Der Aufbau des Archivs ist ein Projekt zwischen der ESA und der ESO. Dieses Archiv beinhaltet nicht nur Daten von Hubble sondern auch von den Bodenteleskopen der ESO. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Archive zu vernetzen, um so den Wissenschaftlern den Zugriff auf Daten aus "beiden Welten" zu ermöglichen. Der nächste Schritt ist das "virtual telescope" im Internet. Beispiel: Ein Interessent klickt eine Galaxie an und erhält sofort die dazu verfügbaren Daten aus einer Vielzahl vernetzter Archive.
Hubble ist für alle da
Man könnte vermuten, dass mehr Wissenschaftler mit Hubble forschen möchten, als Beobachtungszeit zur Verfügung steht. Stimmt diese Annahme?
Fosbury: Ja, aber grundsätzlich können alle Wissenschaftler Hubble für Forschungszwecke nutzen. Allerdings müssen sie sich einem Antragsverfahren unterwerfen. Ein auch mit Europäern besetztes Komitee in den USA beurteilt die Anträge und formuliert eine entsprechende Empfehlung. In der Praxis akzeptiert das Gremium einen von zehn Anträgen. Daraus wird deutlich, dass ein starker Wettbewerb um die Beobachtungszeit herrscht.
Wie viele Anträge werden gestellt?
Fosbury: Mehrere Hundert in einem halben Jahr.
Wie werden die Forschungsergebnisse veröffentlicht?
Fosbury: Die Verwertung der Ergebnisse bleibt ein Jahr lang dem jeweiligen Wissenschaftler bzw. dem Team vorbehalten. Nach Ablauf des Jahres sind die Forschungsdaten jedem frei zugänglich. Bei großen Projekten von hohem öffentlichem Interesse allerdings, ist eine sofortige Veröffentlichung, zum Beispiel im Internet, vorgesehen.
Hat sich die die Investition aus Ihrer Sicht gelohnt?
Albrecht: Hat es sich gelohnt die Pyramiden zu bauen oder das neue Fußballstation in München? Das hängt von den Zielen und Werten der Investoren ab. Wenn man herausfinden möchte, wie das Universum entstanden ist oder warum der Sternenhimmel schwarz ist, muss man Raumschiffe und Instrumente bauen und das kostet Geld. Ob sich die Investition in Forschung lohnt, muss die jeweilige politische oder kulturelle Instanz entscheiden.
Fosbury: Es gibt noch eine praktische Antwort: wenn man speziell jungen Leuten, etwas über Wissenschaft beibringen möchte, muss man sie dafür begeistern, dazu leistet die Investition in Hubble einen wichtigen Beitrag. Hohe Kosten entstanden auch, weil Hubble in der Anfangszeit nicht richtig funktionierte. In den ersten zwei Jahren war unser Teleskop ein richtiges Sorgenkind. Im Laufe der Zeit wurde Hubble zum Superstar und repräsentiert heute eines der erfolgreichsten Projekte überhaupt.
Das Gespräch führten Pia Sue Helferich, Angela Krüger, Nicole Pavlovic und Manuela Schilling