Neben den Texten sind Fotos das zweite wichtige Standbein einer jeden GEO-WISSEN-Ausgabe. Daher suchte die Redaktion nach einer Möglichkeit, das Thema Intuition auch fotografisch überzeugend umzusetzen. Doch wie lässt sich ein Gefühl, das tief im Menschen verborgen ist und deshalb auch Bauchgefühl genannt wird, optisch darstellen?
Sollte GEO WISSEN jemanden zu einer Wildnisschule schicken und das Fährtensuchen lernen lassen, etwa in einem polnischen Nationalpark oder in den nordamerikanischen Appalachen? Das Thema Intuition erschien dabei noch nicht genau genug getroffen, geht es bei der Orientierung in der Wildnis doch eher um das Erkennen bestimmter Zeichen.
Nach eingehender Recherche stieß die Redaktion auf eine wissenschaftliche Arbeit eines Professors der Idaho State University über das Kajak fahren im Wildwasser.
Im reißenden Strom bleibt fürs Nachdenken keine Zeit
Darin war detailliert beschrieben, wie ein Kajak-Fahrer im Wildwasser in Sekundenschnelle sein langjährig gesammeltes Erfahrungswissen abrufen, um richtig handeln zu können – andernfalls droht er am nächsten Felsen zerschmettert zu werden. Mit gründlichem Abwägen und Überlegen, so viel war klar, lässt sich kein Wildwasser-Fluß bezwingen, wohl aber mit viel Intuition.


Der Fotograf Heiner Müller-Elsner und der Autor Markus Wolff waren für das Thema schnell zu begeistern. Aber wie und wo sollten sie zu Beginn des Frühjahrs – Deutschland lag noch unter einer dichten Schneedecke – die Fotos machen? Und wer sollte das Kajak steuern?
Nach einigen Erkundigungen und Telefonaten stieß Wolff auf Peter Tümmers, Co-Trainer der deutschen Wildwasser-Nationalmannschaft, der auch als Management- und Mentaltrainer arbeitet. Tümmers war begeistert von dem Vorhaben und reflektierte in einem ausführlichen Gespräch mit Wolff anschaulich über sein intuitives Handeln. Er kennt aus eigener Anschauung viele Flüsse der Welt, auf denen das Wasser besonders rau ist, und hat als Erster eine halsbrecherische Passage im Himalaya gemeistert.
GEO WISSEN rüstete eine Expedition zum Rio Vez aus
Tümmers und Heiner Müller-Elsner suchten gemeinsam eine Location für die Fotoaufnahmen. Sollte es ein Fluss in Chile sein, in der Türkei oder in Portugal? Wie ist das Wetter dort und vor allem der Wasserstand? Schließlich stand fest, es sollte zum Rio Vez gehen, einem Wildwasserfluss im Norden von Portugal.
Mit zwei Autos, vier Kajaks, sechs Kameras und drei Helfern zur Sicherung des nicht ungefährlichen Vorhabens machten sich Müller-Elsner und Tümmers auf. Zuvor hatte der Fotograf bereits eigenhändig Gehäuse für die Aufnahmen im Wasser gebaut, die er für seine speziellen Kameras brauchte. Und er hatte mit dem Hersteller der Kajaks ausgetüftelt, wie sich eine Kamera am Heck und am Bug befestigen lässt, um Tümmers in voller Fahrt und aus nächster Nähe zu fotografieren – was nur per Fernauslöser möglich war.
In Portugal wurde das Team zunächst vom Wetter ausgebremst. Drei Tage lang war kaum an Kajak fahren und Fotografieren zu denken. Ununterbrochen kam Wasser vom Himmel, was den Pegel des Rio Vez gefährlich ansteigen ließ. In den folgenden Tagen waren dann alle Beteiligten in vollem Einsatz. Auch wenn die Heckkamera bereits nach wenigen Aufnahmen abriss, so hatte sie bis dahin einige spektakuläre Aufnahmen geliefert.
Mehrere Male musste Müller-Elsner mitsamt einer Kamera und Schutzhelm in das eiskalte Wasser, um etwa Aufnahmen von einer Eskimorolle zu machen – vom Ufer aus wurde er dabei von einem Helfer per Seil gesichert. Im Laufe einer Woche entstand so die Foto-Reportage zum Thema Intuition, die in der neu erschienenen GEO-WISSEN-Ausgabe „Entscheidung und Intuition“ zu sehen ist.
