Dass ich einmal eine Sache nicht zu Ende bringen würde, schien mir unmöglich vor meinem Realschulabschluss im Jahr 2004. In der Schule war ich zuverlässig - manche würden sagen ein Streber - und mein Leben nach dem Abschluss genau geplant: Bereits im Herbst 2003 hatte ich entschieden, Rechtsanwaltsfachangestellt zu werden.
Die Ausbildung fiel mir leicht, doch trotz des ersten eigenen Gehalts genügte es mir schnell nicht mehr, den Anwälten nur zuzuarbeiten. Ich brach die Lehre nach einem Jahr ab und machte Abitur. Schon in der Mittelstufe hatte ich eine Schülerzeitung gegründet und immer viel Spaß am Schreiben gehabt. Also folgte ich nun meinem Bauchgefühl und entschied, Journalistin zu werden.
Nach dem Abitur studierte ich Wissenschaftsjournalismus in Darmstadt - eine Kombination aus Schreibwerkstätten und naturwissenschaftlichen Fächern wie Biologie, Physik und Chemie. Mit ein paar Freunden zog ich in eine WG und nahm zwischenzeitlich bis zu vier Nebenjobs an, um etwas Geld dazu zu verdienen. Die Studienzeit in Darmstadt war ebenso lehrreich und anstrengend wie chaotisch - und doch zweifelte ich nie an meiner Entscheidung gegen die Ausbildung.
Stattdessen begann ich die Welt zu erkunden: Im Winter 2011 reiste ich für einen Monat nach Kanada. Nach dem Bachelor-Abschluss im Sommer darauf verbrachte ich vier Wochen in Asien, reiste nach Indonesien, Malaysia, Singapur und Hongkong.
Derzeit mache ich Praktika, arbeite als freie Journalistin und kämpfe dafür, irgendwann von diesem Beruf leben zu können. Sicher würde mein Leben geordneter verlaufen, wenn ich Anwaltsgehilfin geworden wäre. Bereut habe ich meine Entscheidung aber nie. Ich mag mein Leben, meine Arbeit und noch genieße ich die Freiheit, die das Ungewisse mit sich bringt: Während ich diesen Text schreibe, sitze ich in einem Zimmer in Buenos Aires, Argentinien. Vier Wochen lang werde ich durch Südamerika reisen und neue Eindrücke und Erfahrungen mit nach Deutschland bringen.
Noch immer lerne ich - vor allem fürs Leben.