Elternkurse richten sich nicht nur an verzweifelte Väter und Mütter, die bestimmte Aspekte ihres Familienlebens als problematisch empfinden - etwa weil sie sich ständig in Streit mit dem Nachwuchs verstricken oder das Gefühl haben, dass die Kinder renitent und respektlos sind: Sie wenden sich auch an all jene Eltern, die insgesamt möglichst harmonisch mit ihren Kindern zusammenleben wollen. "Es gibt viele Vorteile, wenn man sich in einer Gruppe mit dem eigenen Erziehungsverhalten beschäftigen und mit anderen Eltern austauschen kann", sagt die Kölner Sozialwissenschaftlerin und Elternkurs-Forscherin Sigrid Tschöpe-Scheffler. Die Teilnehmer spürten, dass sie mit ihren Fragen, Wünschen und Schwierigkeiten nicht allein sind, sie könnten sich gegenseitig bestärken und helfen. Allein das fördere, so Sigrid Tschöpe-Scheffler, zwei wichtige Dimensionen gelingender Erziehung: Selbstbewusstsein und Gelassenheit.
Eltern stellt sich, zumindest in Großstädten, allerdings die Frage: Welcher Kurs passt zu mir? Und wenn sie auf dem Lande leben, wo es womöglich noch kein Angebot gibt: Welchen Kurs soll ich in Zusammenarbeit mit Erziehern, Lehrern oder Sozialarbeitern an die eigene Kindertagesstätte oder Schule holen?
Expertinnen wie Sigrid Tschöpe-Scheffler empfehlen, sich an drei Kriterien zu orientieren:
1. Wohnortnähe.
Erstaunlich viele Väter und Mütter haben niemanden in der Umgebung, mit dem sie regelmäßig und ernsthaft über Familienfragen sprechen können. Ein Elternkurs in der Nachbarschaft kann diese Isolation durchbrechen.
2. Die Persönlichkeit des Kursleiters.
Nur wenn er oder sie die Kommunikation in der Gruppe fördert, auf Fragen eingeht und die Lerninhalte selbst vorlebt (etwa einen guten Umgang mit Konflikten innerhalb der Gruppe), können Teilnehmer neue Ideen und Sichtweisen tatsächlich annehmen. Es lohnt sich also, bei Bekannten oder Freunden Empfehlungen einzuholen.
3. Das Konzept.
"Es gibt nur ein begrenztes Maß an wissenschaftlich abgesicherten Erziehungsweisheiten", sagt der Psychologe Andreas Beelmann von der Universität Jena, der die Wirksamkeit von Elternkursen erforscht. Daher verfolgen alle seriösen Kurse ähnliche Prinzipien und fördern vor allem zwei Aspekte des Erziehungsverhaltens: die Fähigkeit, liebevoll, warm und unterstützend auf Kinder einzugehen - und die Kraft, zu lenken und soziale Regeln zu vermitteln, ohne seelisch oder körperlich zu verletzen.
Gut ausbalanciert ergeben diese Faktoren die von vielen Forschern für sinnvoll befundene "autoritative Erziehung". Weil dieser Begriff aber an das verpönte Wort "autoritär" erinnert, wird er in den Kursen meist vermieden. Stattdessen ist zum Beispiel von "anleitender" oder "positiver Erziehung" die Rede oder von "demokratischem Stil".
Neben dieser Gemeinsamkeit gibt es jedoch wichtige Unterschiede in den Angeboten: So steht etwa das "Gordon-Familientraining" in der Tradition der humanistischen Psychologie. Es will das Zusammenleben von Eltern und Kindern geduldig und langfristig ändern, indem vor allem die Erziehungshaltung der Eltern und die Kommunikation verändert wird. Das Kind, so die Überzeugung, wird sich aufgrund der verbesserten Atmosphäre selbstständig positiv entwickeln.
Zielgerichteter gehen verhaltenspsychologisch ausgerichtete Kurse von Anbietern wie Triple P vor. Sie bieten eher Anregungen, die in konkreten Erziehungssituationen zügig für das angestrebte Verhalten sorgen sollen. Daneben gibt es Mischformen, die Elemente aus beiden Denkschulen vereinen.
Eltern können sich daher ohne Probleme jenes Angebot heraussuchen, das zur individuellen Situation, zum eigenen Menschenbild und zum Erziehungsstil am besten passt. Die Höhe der Kursgebühren sagt nichts über die Qualität des Kurses aus - viele Angebote werden subventioniert, etwa von Jugendämtern, Kirchengemeinden oder Erziehungsberatungsstellen.
Effekt, Gordon-Training, Kess erziehen, Starke Eltern - Starke Kinder, STEP sowie Triple P: In der neuen Ausgabe von GEO WISSEN "Wie Erziehung gelingt" finden Sie einen detaillierten Überblick über die sechs besten Elternkurse.