GEO WISSEN: Herr Professor Zuberbier, auf Verpackungen von Cremes und Waschlotionen finden sich häufig Formulierungen wie „klinisch geprüft“ oder „dermatologisch geprüft“. Was bedeutet das?
Prof. Dr. Torsten Zuberbier: Das heißt genau genommen erst einmal gar nichts. Es wird nur gesagt, dass dieses oder jenes Produkt geprüft worden ist – nicht aber, welches Ergebnis dabei herausgekommen ist. Theoretisch kann es sein, dass irgendein Hautarzt einige seiner Patienten das Produkt für einige Zeit hat ausprobieren lassen. Damit ist nicht gesagt, ob die das gut gefunden und gut vertragen haben – oder ob umgekehrt vielleicht alle trockene Haut bekommen haben.
Was hoffentlich nicht geschieht.
In der Regel nicht. Zum einen legt die Chemikalienverordnung der EU fest, welche Stoffe überhaupt genutzt werden dürfen – und das schließt zum Beispiel stark hautreizende Stoffe aus. Große Konzerne wie L’Oréal, Henkel, Beiersdorf, Procter & Gamble oder Unilever haben zudem Datenbanken und eigene Labore, mit deren Hilfe sie eine Risikobewertung der Inhaltsstoffe vornehmen.
Sie haben dennoch ein Siegel für Produkte entwickelt, die für Allergiker geeignet sind. Weshalb?
Für die meisten Menschen sind Duftstoffe in Kosmetika völlig unproblematisch. Es gibt aber Frauen und Männer, die auf einzelne Substanzen sehr empfindlich reagieren. Die können sich zwar an der vorgeschriebenen Deklaration aller Inhaltsstoffe orientieren – doch das ist sehr mühsam. Mit unserem Siegel wird den Produkten eine hohe Verträglichkeit bescheinigt: Allergieverursachende Substanzen sind dann zum Großteil durch andere Stoffe ersetzt oder derart niedrig dosiert, dass das Immunsystem darauf nicht reagiert, die Produkte aber dennoch gut riechen. Allergiker müssen daher nicht mehr ausschließlich auf Produkte ohne Duftstoffe zurückgreifen.
Kann man sich auf Aussagen wie „keine Konservierungsstoffe“ und „keine Duftstoffe“ verlassen, wenn es auf dem Produkt vermerkt ist?
Wenn das so auf der Verpackung angegeben ist, darf das jeweilige Produkt diese Substanzen auch nicht enthalten – wohl aber beispielsweise Alkohol, der zwar offiziell nicht zu den Konservierungsstoffen zählt, aber konservierend wirkt: und zuweilen die Haut reizt. Oder ätherische pflanzliche Öle, die offiziell nicht als Duftstoffe gelten, die aber duften und auch Allergien auslösen können.

Kosmetika müssen, anders als Medikamente, nicht offiziell zugelassen werden?
Richtig, es gibt keine staatliche Prüfbehörde. Allerdings haben die Hersteller für ihre Produkte zu haften. Große Unternehmen passen in der Regel auf, dass für ihre Mittel keine kritischen Inhaltsstoffe verwendet werden; denn sobald ein Produkt erst einmal in Verruf gerät, kann dies ja das gesamte Unternehmen beschädigen. Außerdem gibt es die Kosmetikverordnung, die festlegt, dass die Produkte zwei Jahre lang haltbar sein müssen und sich in dieser Zeit keine Keime in ihnen bilden dürfen. Problematisch ist vielmehr, dass sich im Prinzip jedermann ein Do-ityourself- Buch kaufen, mit dessen Hilfe Kosmetika anrühren und die dann über das Internet oder auf Flohmärkten verkaufen kann. Da müssen Verbraucher aufpassen, dass sie nicht an den Falschen geraten.
Manche Präparate werden angeblich sogar „von Hautärzten empfohlen“, wie es auf der Verpackung heißt. Sind die besser als andere?
Diese Aussage bedeutet nur, dass es mindestens zwei Hautärzte gibt, die das Produkt empfehlen – doch auf welcher Grundlage sie das tun, ist völlig unklar. Meist ist es so, dass die Hersteller einfach 20 Ärzte bitten, das Mittel zu bewerten.
Was diese Ärzte dann auch honoriert bekommen?
Zumeist ja, aber nicht immer.
Das komplette Interview finden Sie in "GEO Wissen Gesundheit - Unsere Haut". Dort lesen Sie unter anderem, was Torsten Zuberbier über Naturkosmetik denkt und warum er die Formulierung „nachgewiesener Lifting-Effekt“ sogar für einklagbar hält.
