GEO Special: In der aktuellen Ausgabe von GEO Special beschreibt die First Lady des MacGregor Clans eine überdimensionierte Familienfeier (siehe Video), bei der auch Sie Gast waren. Sind Sie denn ein echter MacGregor?
Thorsten Berger: Oh nein, ich habe keinen einzigen Blutsverwandten im Clan.
GEO Special: Aber was suchen Sie dann auf der Feier?
Thorsten Berger: Das kann ich auch nur schwer erklären. Vor vielen Jahren habe ich plötzlich eine sehr starke Kraft in mir gefühlt: einen Ruf nach Schottland. Vorher hatte ich mit dem Land absolut nichts zu tun, war noch nie dort. Aber plötzlich musste ich unbedingt hin. Also habe ich lange gespart und mich ausgiebig informiert. Vor 15 Jahren dann endlich die erste Reise.
GEO Special: Und die hat Sie direkt zu den MacGregors geführt?
Thorsten Berger: Nun ja, damals wusste ich noch nicht mehr über die MacGregors als ein Tourist. Aber ich hatte mir fest vorgenommen, am Grab von Rob Roy eine weiße Rose niederzulegen. Sein Grab ist in Balquhidder, und dort wollte ich mit dem Bus hin. Aber ich war so müde, dass ich die Haltestelle verpasst habe und schließlich in Strathyre aufgewacht bin, neun Meilen zu spät. Dort habe ich mich erstmal auf eine Parkbank gesetzt, an meinem Rucksack hatte ich eine Decke mit dem Karomuster der MacGregors festgemacht. Neben mir saß ein Ehepaar. Ich unterhielt mich mit ihm, dann machte ich mich zu Fuß auf den Weg. Kurz darauf hielt neben mir ein Auto – es war das Paar aus dem Park! Sie hatten extra ihr Auto geholt und mich abgepasst, um mich zum Grab zu fahren. Darum fragte ich: Sind Sie auch MacGregor? Der Mann sagte nur: „Aye.“ Weil ich die Farben der MacGregors trug, war ich einer von ihnen, und es galt die ungeschriebene Regel: Ein MacGregor hilft einem MacGregor. Das war sehr emotional, am Grab habe ich über zwei Stunden lang gekniet.
GEO Special: Und dann waren Sie einer von ihnen?
Thorsten Berger: Nein, das wäre zu einfach. Aber als ich später in den Ort zurückgelaufen bin, gaben mir wildfremde Menschen die Hand! Ich konnte das überhaupt nicht fassen. Ich wurde gefragt: „Bist du der Deutsche vom Friedhof?“ Plötzlich war ich kein Tourist mehr, kein Fremder. Denn so lange wie ich, sagten sie, hätte noch nie ein Tourist dort gekniet. So intensiv könne kein Fremder die Gefühle der MacGregors nachempfinden. Zu dem Ehepaar, das mich damals gefahren hat, habe ich heute noch eine enge Beziehung. Vor 13 Jahren hat John MacGregor gefragt, ob ich mich adoptieren lassen möchte. Wollte ich nicht, weil ich hier in Deutschland sehr liebe leibliche Eltern habe. Trotzdem: Ich sage Dad zu ihm, er Sohn zu mir.
GEO Special: Das war aber dann ihre Eintrittskarte in den Clan?
Thorsten Berger: Nein, immer noch nicht. Der letzte Clanchef, der Vater von Sir Malcolm, war einer der alten Schule. Er hat sich geweigert, den Clan für Außenstehende zu öffnen. Erst nach fünf Jahren habe ich es überhaupt geschafft, Briefkontakt zum Clan herzustellen, und erst fünf weitere Jahre später bin ich Mitglied geworden.
GEO Special: Und seither?
Thorsten Berger: Vor drei Jahren durfte ich das Banner der Gregors bei den Highland Games tragen. Damals dachte ich: Größer geht es nicht. Ging es aber. Denn dann, 2009, trug ich das Wappen des Clanchiefs beim großen Clantreffen, und zwar die ganze Royal Mile in Edinburgh hoch. Mir folgten hunderte Teilnehmer, ich ging ganz vorn.
GEO Special: Und heute also der nächste Höhepunkt, sie gründen die deutsche Dependance des Clans?
Thorsten Berger: Genau, heute ist die Gründungssitzung der German Association of the Clan Gregor Society of Scotland. Wenn alles glatt geht, kann unser deutscher Ableger in zwei Wochen ein eingetragener Verein sein. Ich habe einmal gesagt, dass meine Loyalität nicht Angela Merkel, sondern Sir Malcolm gilt. Ich bin natürlich ein ordentlicher Bundesbürger. Aber meine wahre Zugehörigkeit, die habe ich im Clan Gregor gefunden. Auf ewig.
Ein MacGregor zu sein, ist keine Selbstverständlichkeit: Von 1603-1774 war es streng verboten, den Namen zu tragen. Frauen und Kinder, die die Zugehörigkeit zum Clan nicht leugneten, wurden als Sklaven in die USA verkauft; ihre Männer und Väter waren vogelfrei, wurden ermordet. Doch im Untergrund lebten die MacGregors weiter. Sir Walter Scott, einer der schottischen Nationalautoren, beschäftigte sich im 19. Jahrhundert intensiv mit ihnen. Das Ergebnis: Sein Roman „Rob Roy“ macht Robert Roy MacGregor, den schottischen Robin Hood, unsterblich. Auch schrieb Scott einen Song: MacGregor’s Gathering, im Video zu hören.