Frau Trippel, Sie haben Ungewöhnliches erlebt?
Oh ja, als ich ankam, war der Fluss Kuiseb komplett ausgetrocknet; drei Tage lang sind wir jeden Morgen durch sein Bett hinüber in die Dünen gewandert. Und am vierten Morgen sagte jemand: „Ich glaube, der Fluss ist da." Und tatsächlich rauschte da eine reißende braune Brühe, durch die wir waten mussten. Das Wasser reichte uns bis zu den Oberschenkeln. Wer erwartet denn so was? Als wir gegen Mittag zurückkamen, war der Pegel allerdings bereits wieder gefallen, am Abend glitzerten nur noch ein paar Pfützen. Das ging ganz schnell.
Sie waren tagelang in der Wüstenforschungsstation Gobabeb, vier Fahrtstunden vom namibischen Walfischbai entfernt. Der Fluss war nicht das einzige, das Ihre Recherche erschwerte.
In der Woche vor meiner Anreise fegte rund um die Station ein wahnsinniger Sturm, der schließlich das Dach des Computerraums abgedeckt hat. Einige der Wüsten-Forscher konnten nicht mehr arbeiten und sind abgereist. Als wir ankamen, war deshalb wenig los. Ziemlich unglücklich. Wir wussten davon nichts, denn während des Sturms war Gobabeb kaum zu erreichen gewesen. Jedes Telefonat brach nach wenigen Worten ab. Da merkte man schon, die Forscher sitzen nicht gerade in einem normalen Büro.
Eine Pechsträhne...
Nein, überhaupt nicht. Diejenigen Wissenschaftler, die noch da waren, haben sich hervorragend um uns gekümmert. Vormittags durften wir sie ab sechs Uhr begleiten: Käfer in den Dünen suchen, Termitenfallen leeren, Chamäleons beobachten. Ab elf wurde es zu heiß für jegliche Art von Arbeit im Freien, aber am späten Nachmittag ging es weiter. Außerdem waren wir dafür, dass wir uns „in the middle of nowhere" befanden, äußerst komfortabel untergebracht: in einem Bungalow mit Pool.
Wie viele Forscher leben normalerweise dort?
Normal ist ein ständiges Kommen und Gehen. Wissenschaftler aus anderen Ländern rauschen in ihren weißen Landrovern an, bleiben zwei Nächte und reisen wieder ab. Als ich in Gobabeb war, habe ich hauptsächlich Studenten getroffen, die an ihren Diplom- und Doktorarbeiten feilten.
... zum Beispiel über das Verhalten tierischer Wüstenbewohner. Wie viele für Sie neue Tierarten konnten Sie entdecken?
Großsäuger wie Oryx-Antilopen oder Schakale hatte ich schon einmal gesehen. Aber all die kleinen Krabbler waren für mich neu: der Nebeltrinker-Käfer, die Grasschneidende Termite, die Skorpione. Auch die Geckos, diese halbdurchsichtigen Dinger. Eigentlich alles, was so klein ist, dass man es ohne Experten nicht finden kann.
Haben Sie nun ein neues Lieblingstier?
Ich bin ein Fan des Chamäleons. Wie sich dieses Tier bewegt, ist einfach faszinierend. Michael Jackson beim Moonwalk. Und wie es auf der Lauer liegt! Da kommt ein Käfer, und plötzlich schnellt die Zunge des Chamäleons heraus, happs, weg ist er.
Ihr Text handelt davon, wie Tiere in der Hitze der Wüste überleben. Wie haben Sie sich selbst – ohne biologische Thermoregulierung – gewappnet?
Mit Shorts, einem längeren Hemd gegen die Sonne, einem Hut und Wasser, Wasser, Wasser. Ja, und natürlich mit heißem Tee! Das ist ein Trick, den ich in der marokkanischen Wüste gelernt habe. Dort hat die Luft auch vor Hitze geflimmert.
Katja Trippels Reportage „Manche mögen’s heiß“ ist in GEO Special Namibia und Botswana erschienen, das seit 1. Oktober 2008 im Handel erhältlich ist.