GEO Special: Herr Schulz, Sie sind für in die Welt der Liebestränke, Heilkräuter und Brandopfer eingetaucht und haben recherchiert, wie sich Einheimische mit Badesalz gegen den ‚bösen Blick’ wappnen und sogar getrocknete Lamaföten kaufen.
Roland Schulz: Auf diesem Markt sind die kuriosesten Dinge zu haben. Es gibt beispielsweise Badezusätze mit dem Namen „Ruf den Dollar“ – giftgrüne Flüssigkeit, die jedem Reichtum bringen soll, der sie benutzt. Ganz ehrlich: Ich würde mir den Inhalt der Flasche trotzdem niemals ins Badewasser schütten!
GEO Special: Sie haben auf dem Hexenmarkt auch Teufelstropfen entdeckt – wozu sollen die denn gut sein?
Roland Schulz: Sie sollen die Lust auf Alkohol zügeln. Vor allem Ehefrauen kaufen sie, um sie ihren Männern zu verabreichen. Angeblich funktionieren sie ganz simpel: Wer sie einnimmt und dann Alkohol trinkt, dem wird schlecht. Ob die Tropfen allerdings tatsächlich diese Wirkung haben – wer weiß? Die Verkäuferinnen auf dem Hexenmarkt spielen mit der feinen Grenze zwischen Glaube und Wirkung. Verkaufen tun sich diese Tropfen jedenfalls gut. Und das zählt.
GEO Special: Bei aller Magie ist der Markt also vor allem genau das – ein Markt?
Roland Schulz: Ja, dort herrscht harte Konkurrenz. Lange bestimmten alteingesessene Händlerinnen das Geschäft, doch dann kamen Potosínas, Frauen aus der Provinz, die ihnen den Handel streitig machten. Es ist wie in jedem anderen Geschäft auch, es geht ums Geld verdienen – nur dass hier eben Heiltränke oder magische Talismane die Ware sind.
GEO Special: Die Hauptperson ihrer Reportage ist eine Hexe...
Roland Schulz: Sie selbst will allerdings auf keinen Fall so genannt werden. Doña Ancelma sieht sich eher als Händlerin – ihr Laden aber sieht in der Tat aus wie der einer Hexe: getrocknete Lamaföten, in Kisten gestapelt, Bälger vom Ozelot, getrocknete Würmer, Brandopfer, alles da.
GEO Special: Das klingt sehr skurril. Glauben denn die Bolivianer wirklich an Hexerei?
Roland Schulz: Sicherlich nicht alle. Die Brandopfer aus Lamaföten, die Mutter Erde dargebracht werden, sind dort schlicht Tradition. Ein gewisser Aberglaube gehört zur Kultur: Wenn sich ein Bolivianer mehr Geld, eine neue Liebe oder Gesundheit wünscht, dann geht er gerne zu Hexen und Heilern. Ich hatte den Eindruck, das funktioniert nach dem Motto: Selbst wenn es vielleicht nichts bringt, schaden tut es sicher nicht...
GEO Special: War es schwierig, bei all den Pulvern und Tinkturen den Überblick nicht zu verlieren?
Roland Schulz: Ich habe von den Regalen einfach Fotos gemacht und dann aufgeschrieben, wie welche Mittelchen heißen und für was sie gut sein sollen.
GEO Special: Haben Sie auch selbst etwas mitgebracht vom Hexenmarkt?
Roland Schulz: Ja, ich habe eine kleine Auswahl von Pulvern und Tränken mitgebracht, damit mir die Redaktion auch wirklich glaubt, was es dort zu kaufen gibt – ein Liebesparfüm beispielsweise und auch diesen Badezusatz, der Dollarscheine herbeirufen soll. Allerdings hatte ich da Sorge, dass er während dem Rückflug im Rucksack aufgeht und danach alles grün ist.