Als Sebastian Lau, 38, vor acht Jahren beschloss, sein Geld mit Geschichtenerzählen zu verdienen, hatte er Stationen als Investmentberater der Deutschen Bank, im Marketing und Controlling hinter sich, arbeitete bei einer Werbeagentur. Das Geld kam jeden Monat pünktlich auf sein Konto – aber Zufriedenheit, die kam nicht. Wer bin ich? Wohin will ich? Diese Fragen trieben ihn um.
In Büchern über fernöstliche Weisheitslehre suchte Lau nach Antworten; mal durchforstete er wochenlang Stellenanzeigen nach Passendem für sich, den Unzufriedenen, mal rauchte er über Monate jeden Abend Joints. „Ich nahm mehrere Rollen an, aber ebenso wie die Rolle im Büro passten sie nicht“, sagt Lau. Die Unruhe wuchs, er schlief wenig, mehrmals kippte er erschöpft um. Seine „Rettung“ war schließlich ein Buch, das ihn schon als Zehnjährigen fasziniert hatte: Ein Dakota-Indianer erzählt darin vom Weg zur eigenen Bestimmung. Lau nahm vier Monate frei, ernährte sich gesund, lief regelmäßig.
Schließlich tat er das, was das indianische Initiationsritual verlangte: Vier Tage und vier Nächte lang setzte er sich in ein kaum frequentiertes Waldstück auf seiner Heimatinsel Rügen. Starr wie die umliegenden Bäume saß er da. Ohne zu schlafen, ohne zu essen, ohne auch nur einen Schluck zu trinken. Am dritten Tag war die Antwort da: „Ich will Geschichten erzählen.“
Geschichten, wie sie in Deutschlands Nordosten so zahlreich sind. Bis zu 2000 Märchen leben im mecklenburgischen und pommerschen Raum, dazu viele Zehntausend Sagen, die sich auf atmosphärische Orte wie den Kummerower See und Historisches wie den Einfall der Slawen in die Region beziehen. Klicken Sie rechts, dann ist Sebastian Lau im Originalton zu hören.