GEO Special: Das Brandenburger Tor hat wohl schon jeder Tourist in Berlin betrachtet, doch die wenigsten schauen von dem Monument auf die Touristen. Ein erhabener Anblick?
Harf Zimmermann: Auf dem Brandenburger Tor zu stehen, ist ein großes Privileg. Die Kriegsfotografen aller Siegermächte, berühmte Kollegen, haben von dort fotografiert. Beim Aufstieg fühlte ich mich aber eher wie ein Schornsteinfeger. Man klettert über eine immer kleinere Treppe auf einen Dachboden, zwängt sich durch eine Luke – und dann guckt man mit dem Kopf aus dem Tor. Mit weichen Knien.


die Sicht vom Brandenburger Tor auf den Pariser Platz
GEO Special: Wie sind Sie überhaupt nach oben gelangt – haben Sie einfach beim Pförtner geklingelt und sind dann hochgestiegen?
Harf Zimmermann: Von wegen. Das Brandenburger Tor ist die heilige Kuh bei allen Berliner Behörden. Der Senat musste die Aufnahmen Monate im Voraus genehmigen. Am großen Tag aber habe ich dann zwei Stunden dort oben fotografieren dürfen, sogar nach Feierabend des Verwalters.
GEO Special: Waren Sie gesichert? Das Brandenburger Tor ist immerhin 26 Meter hoch.
Harf Zimmermann: Gesichert war ich nicht. Deshalb durfte ich bei schlechtem Wetter auch nicht auf das Dach: Wenn es nass und windig ist, rutscht man leicht aus. Wir haben ein halbes Jahr auf die Aufnahmen gewartet, auch weil es seit Oktober immer wieder geregnet und geschneit hat.
GEO Special: Sie sind der Siegesgöttin Victoria ganz nah gekommen. Wie gut erhalten ist die Dame?
Harf Zimmermann: Sie ist sehr schön und eine gute Bekannte von mir. Ich habe schon vor acht Jahren die Restaurierung des Brandenburger Tors fotografiert.
GEO Special: Für GEO Special fotografierten Sie Orte in Berlin, an denen die Mauer verlief - aus der gleichen Perspektive wie ein unbekannter Grenzer zu DDR-Zeiten.
Harf Zimmermann: 900 Bilder aus dem Mauer-Archiv habe ich durchgeschaut – da zieht eine unheimliche Kälte in einem ein. Man darf auch nicht vergessen: Für die alten Aufnahmen hat jemand von oben den Todesstreifen fotografiert, aus der Perspektive konnte sonst niemand die Mauer sehen.


des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses, des Informationszentrums des Bundestages.
Zu Mauerzeiten überragte im Osten ein Wachturm den Spreebogen
GEO Special: Haben Sie es als befreiend empfunden, diese Fotos von Berlin heute - ohne „antifaschistischen Schutzwall“ und Wachtürmen - zu machen?
Harf Zimmermann: Berlin ohne Mauer ist immer wieder eine Befreiung. Früher war sie die unüberwindliche Grenze meines Reiches oder das, was ich dafür hielt. Das war so grausam – und ist gar nicht so lange her.