Wenn ihr gerade beten würdet, spielen, bei einem Unfall helfen oder eine Hochzeit feiern würdet – und aus dem blauen Himmel käme lautlos ein Geschoss herab, um euch zu vernichten? Es geschieht in Pakistan, es ist im Irak geschehen, in Somalia, im Jemen: Es sind die „Anti-Terror“-Operationen, von den USA mit unbemannten Kampfdrohnen ausgeführt. Der UN-Sonderberichterstatter zu Menschenrechten, Ben Emmerson, hat 2013 in einem 24-seitigen Bericht alle Indizien dafür genannt, dass zu diesem Zeitpunkt schon Hunderte Zivilisten zu Opfern dieses „lautlosen Krieges“ geworden waren. Zu Opfern „extralegaler, summarischer, willkürlicher Hinrichtungen“, die auch Emmersons südafrikanischer UN-Kollege Christof Heyns geißelte, ein Jurist.
Ohne Empathie wird menschliches Verhalten absurd und gefährlich
Da CIA und NSA an diesen Aktionen beteiligt sind, stehen die Vereinten Nationen, wie Emmerson beklagt, vor „beinahe unüberwindbaren Hindernissen in puncto Transparenz“. Vor einem „Informations-Blackout“, an dem auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch verzweifelt. Tomas van Houtryve sagt von sich selbst, er versuche Themen zu visualisieren, die ja eigentlich nahelägen, für die dem Bewusstsein aber gewissermaßen die Augen fehlten. Oder einfacher: Er benutzt das Kamera-Auge, um uns in die Lage anderer zu versetzen. Wie ein Instrument, Moral zu lehren. Menschliches Verhalten, sagt van Houtryve, werde unweigerlich absurd und gefährlich, wenn es ihm an Empathie fehle. Staatliches Verhalten ebenso, gerade im Zeitalter moderner Kriege an der Grenze zur Unsichtbarkeit, elektronischer Überwachung, kalter Ideologien.
Simulation mit der Kameradrohne
So hat der Drohnenkrieg der USA den Fotografen auf die Idee gebracht, die Flugrichtung der Waffen umzukehren. Mit einer Kameradrohne simuliert er, auf was die per Joystick gelenkten Killer des 21. Jahrhunderts niedergekommen sind. Nur dass eben kein pakistanisches Trainingscamp auf van Houtryves Bildern zu sehen ist, auf dem das US-Militär aufgrund verdächtiger Leibesübungen Terro- risten vermutete und es also bombardieren ließ – sondern Sportler in einem Park in Philadelphia, Pennsylvania. Und keine Beerdigung in Süd-Wasiristan, bei der eine Drohne 80 pakistanische Zivilisten ums Leben brachte – sondern ein US- Friedhof, auf dem gerade einige Marines den Veterans Day vorbereiten.
Nicht mehr den blauen, den grauen Himmel bete er herbei, sagte der 13-jährige Zubair Rehman, dessen Großmutter, 67-jährig, beim Gemüseernten von einer Drohne getötet wurde. Denn bei grauem Himmel flögen die Drohnen nicht. Tomas van Houtryve will, dass wir diesen Jungen verstehen können.