
Die Fabrikation schöner Dinge als Sprungbrett zu nutzen – das ist das Programm der Werkstatt von "Cucula" in Kreuzberg. Malik Agachi, 21, schiebt routiniert ein Brett märkische Kiefer durch die Kreissäge. Ali Maiga Nouhou, 23, schlägt Nägel ein. Saidou Moussa, 28, schmirgelt mit der Schleifmaschine die Sitzfläche eines "Sedia Uno" glatt. Dass die jungen Afrikaner das hier tun, ist alles andere als selbstverständlich.
Cucula ist ein Haussa-Wort. Es bedeutet: etwas zusammenfügen, zusammen schaffen. Zwei Designer haben das Projekt gemeinsam mit Mitstreitern initiiert. "Wir wollen nicht nur Protesthaltung kultivieren, sondern handeln", sagt Sebastian Däschle. Und so haben sie ein kleines Wunder bewirkt. "Für tolle Menschen mit viel Potenzial, die zur Untätigkeit verdammt sind", sagt Corinna Sy.

123.000 Euro hat der Verein per Crowdfunding eingesammelt, um fünf Lampedusa-Flüchtlingen ein Ein-Jahres-Stipendium zu finanzieren: das Tischlereipraktikum und die Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Arzt- und Anwaltskosten.
Handwerk tröstet. Wer sägt, hämmert, Holz streichelt, Möbel baut, die nützlich sind, denkt nicht den ganzen Tag lang an seinen ungesicherten Aufenthaltsstatus. "Sedia Uno", Stuhl Nummer 1, ist ein Design des Italieners Enzo Mari, der bekannt ist für eckige, raue Entwürfe, die jedermann nachbauen kann.

330 Exemplare haben Malik und die anderen für die Crowdfunding-Kampagne gebaut, dazu 50 "Botschafterstühle", eine Sonderedition, in die jeweils ein Brett aus Lampedusa-Booten eingearbeitet ist. Dafür sind die deutschen Vereinsmitglieder für eine Woche auf die italienische Insel gefahren, haben das Projekt in einem Video des Teams vorgestellt und Planken vom Schiffsfriedhof nach Berlin geholt. Ein Symbol zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Wichtig dabei: "Wir haben nur Holz von Booten genommen, die es geschafft haben", erklärt Corinna Sy.
Die Selbermacher von Cucula haben mit Hämmern und Argumenten Mitmacher gewonnen: Spender, ehrenamtliche Helfer, Prominente aus Wirtschaft, Politik und Kultur, Vertreter der Handwerkskammer, die über unbesetzte Lehrstellen klagen. "Ich baue Möbel", sagt Ali, Flüchtling aus Mali, gestrandet in Berlin, wenn er gefragt wird, was er so tut im Leben.
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GEO Magazin 08/15.
