
Ein typischer Freitagabend im Kulturhaus 73 im Hamburger Schanzenviertel. Bierflaschen klirren gegeneinander. Über 120 Menschen drängen in den Saal auf der Suche nach einem freien Sitzplatz; brabbeln, lachen und prosten sich zu.
Doch dort, wo normalerweise Livebands oder DJs schwitzende Massen in tänzerische Bewegung bringen, wirft heute ein Beamer kryptische Diagramme, Grafiken und Zahlen an die Wand. Daneben ein junger Mann mit schütterem Haar, der sich mit beiden Händen am Rednerpult festklammert - und über Schädlinge an Ulmen referiert. An diesem Abend haben Wissenschaftler die Bühne gekapert und beweisen Rampensau-Qualitäten: Es ist Science-Slam-Zeit.
Zehn Minuten geballte Wissenschaft
Die Inspiration zu dieser Veranstaltung holte sich Organisatorin Julia Offe aus Braunschweig. Dort, genauer gesagt, im Haus der Wissenschaften, schlug vor einem Jahr die Geburtsstunde des Science Slams.
Das Prinzip ist simpel: Zehn Minuten Zeit bleibt jedem Wissenschaftler, um die Forschungsergebnisse seiner Abschlussarbeit zu präsentieren - allerdings möglichst unterhaltsam und kurzweilig. Denn nicht etwa Professoren oder Forschungskomitees sind es, die die Vorträge nach wissenschaftlichen Kriterien beurteilen, sondern eine Jury aus dem Publikum - und die möchte vor allem eins: gut unterhalten werden.

Alles über das Leuchtverhalten von Kleinkrebsen
Eine Herausforderung mit Themen wie "Bildbearbeitung in der Informatik" oder dem "Leuchtverhalten von Kleinkrebsen". Nichts, mit dem man auf den ersten Blick seinen Freitagabend verbringen möchte.
Doch die Menge auf den vollbesetzten Rängen jubelt begeistert: Der trockene Humor des "Ulmenmannes" hat seinen Weg ins Publikumsherz gefunden. Immer wieder muss er seinen Vortrag unterbrechen - so heftig und laut sind die Lacher, die ihm entgegenschallen.
Als das durchdringende Schrillen einer Eieruhr dem Redner schließlich das Wort abschneidet, müsste er eigentlich seinen Vortrag abbrechen. So lauten zumindest die Regeln. Aber dem Publikum gefällt's und es zeigt noch einmal Gnade: Der "Ulmenmann" darf überziehen, bevor die Jury zur Bewertung schreitet.
Für Julia Offe, die selbst im Fach Biologie promoviert hat, spricht nichts dagegen, wenn die Regeln manchmal etwas lockerer ausgelegt werden. Schließlich stehe bei dieser Art von wissenschaftlichem Schlagabtausch vor allem der Spaß im Vordergrund - und der Versuch, Wissenschaft für den Mainstream zu öffnen: "Wir wollen den Leuten über eine nette Abendunterhaltung klar machen, wie toll Wissenschaft sein kann!"