„Wir Libanesen haben immer gefeiert. In Kellerbars während des Bürgerkriegs, in den Bergen während der israelischen Invasion 2006. Feiern ist für uns auch ein Bewältigungsmechanismus. Sich den Barbesuch angesichts bettelnder Kinder zu untersagen, finde ich problematisch. So vermeidet man ja nur, das Elend zu sehen. Problematisch finde ich es auch, den Kindern Geld zu geben. Man hat keine Chance, zu überprüfen, wohin das Geld fließt.
Philosoph Peter Singer hat ein Gedankenexperiment formuliert
Die Familien der Kinder wissen, dass sich die Barbesucher unter Druck gesetzt fühlen. Sie nutzen aus, dass der Feiernde die Kinder mit reinem Gewissen loswerden möchte. Welche Verantwortung erwächst aus der direkten Begegnung mit der Not? Der Philosoph Peter Singer hat ein Gedankenexperiment formuliert: Stellen Sie sich vor, Sie kommen an einem Teich vorbei, in dem ein Kind im Begriff ist, zu ertrinken. Sie können es retten, tragen aber teure Schuhe, die dabei ruiniert würden. Retten Sie das Kind trotzdem? Nahezu jeder würde diese Frage mit Ja beantworten. Aber ist der reine Sichtkontakt mit dem Elend wirklich entscheidend für die moralische Abwägung? Jenseits des Gedankenexperiments leiden Menschen weiterhin unter Armut. Allein dass man – statt zu helfen – teure Schuhe gekauft hat (oder Drinks in Bars), macht schuldig.
Die beste Option ist, Geld zu spenden
In der Realität sind wir nicht mit einem einzigen Kind konfrontiert, sondern mit Millionen Notleidenden. Wenn das Extrem zur Normalität wird, nimmt die Hilfsbereitschaft ab. Das ist menschlich. Ich glaube, dass man als wohlhabender Mensch dennoch Verantwortung für Notleidende hat. Nicht nur, wenn das Elend vor unseren Augen geschieht. Wer in Berlin feiert und um das Elend syrischer Flüchtlinge weiß, hat die gleiche Verantwortung wie Partygänger in Beirut. Wie also reagieren? Die beste Option ist, Geld an eine karitative Organisation zu spenden. Meine Erfahrung zeigt aber, dass die Feiermeute von Mar Mikhaël das nicht tut. Das ist ihr eigentliches Versagen.“