In Berlin kostet eine Monatskarte für U- Bahn, S-Bahn und Busse knapp 100 Euro, in Tallinn dagegen: nichts. Nach einem Referendum hatte die Stadtverwaltung 2013 Ticketgebühren für Einwohner abgeschafft. Seitdem wird der Nahverkehr über die Einkommensteuer finanziert. Nur Touristen zahlen zwei Euro pro Fahrt.
Das Projekt erregte Aufmerksamkeit, im Büro von Tallinns Bürgermeister meldeten sich Kollegen aus Bukarest und der chinesischen Millionenmetropole Chengdu. Untersuchungen zum Erfolg des fahrscheinlosen Nahverkehrs ergaben gemischte Ergebnisse: So verzichten laut einer Studie zwar acht Prozent mehr Tallinner aufs Auto und nutzen stattdessen Bus und Bahn; trotzdem sind im Schnitt mehr Autos auf den Straßen unterwegs als vorher. Das kann zwar andere Ursachen haben, beweist wohl aber, dass es gegen dichten Straßenverkehr effektivere Mittel gibt, zum Beispiel höhere Benzinpreise und Parkgebühren.
Die gute Nachricht: Ärmere Menschen sind deutlich mobiler geworden. In einem Vorort Tallinns mit hoher Arbeitslosigkeit etwa nutzen nun zehn Prozent mehr Menschen den öffentlichen Personennahverkehr.