Das kommt auf den Stau an. Wenn die Autobahn wegen eines Unfalls vollständig gesperrt oder die Fahrzeugschlange bereits länger als zehn Kilometer ist, kann es sich lohnen, auf kleinere Straßen auszuweichen. In der Regel sind diese aber für deutlich weniger Verkehr ausgelegt als eine Autobahn, außerdem bremsen Ampeln und Kreuzungen. Deshalb, so hat der Verkehrsforscher Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg- Essen herausgefunden, können sich durch die Umleitungstipps des Navigationssystems sogar neue Staus jenseits der Autobahn bilden: Weil fast jeder ein Navi im Auto oder auf dem Smartphone hat, wechseln zu viele Verkehrsteilnehmer gleichzeitig auf die vermeintlich schnellere Alternativroute. Die Forscher haben für ihre Untersuchungen die Daten von 4500 Zählschleifen ausgewertet – in den Straßenbelag eingelassene Sensoren, die Zahl und Geschwindigkeit der Fahrzeuge erfassen – und diese mit den GPS-Daten eines Navi-Herstellers zusammengeführt.
"Bleiben Sie auf der Autobahn!"
Demnach beträgt die Durchschnittsgeschwindigkeit in einem Autobahnstau etwa zehn Kilometer pro Stunde. Auf einer verstopften Landstraße oder gar im Stadtverkehr komme man so gut wie nie zügiger voran. Schreckenbergs Tipp: "Bleiben Sie auf der Autobahn!" Ließe sich den Navigationssystemen dieser "Leithammeleffekt" durch eine neuartige Software wieder austreiben? Theoretisch ja, sagt Schreckenberg. Man müsste sie mit einer Art unscharfer Logik (Fuzzy Logic) programmieren, die nicht zu einer eindeutigen Empfehlung führt ("Route 2 ist besser als Route 1"), sondern verschiedenen Verkehrsteilnehmern verschiedene Wege anbietet. Damit würde das Heer der Stauflüchter sich teilen – und sich nicht gemeinsam in einem anderen Stau wiederfinden. Schreckenberg ist dennoch skeptisch: "Selbst wenn sämtliche Autofahrer eine solche Software nutzten: Menschen sind eben Egoisten und ignorieren oft Tipps."