Eine Kutsche konstruieren, die man selbst lenken kann, wohin immer man möchte, ganz ohne Pferde“ – so lautet die Denkaufgabe, mit der der französische Mathematiker Jacques Ozanam 1694 seine Leser konfrontiert.
Seine populäre „Sammlung mathematischer und physikalischer Zerstreuungen“ enthält auch eine Illustration, die zeigt, wie eine solche Maschine aussehen könnte: Während ein vornehmer Herr vorn sitzt und das vordere Räderpaar über Zügel steuert, muss hinten ein Diener den Wagen über Fußwippen antreiben.
Jahrzehntelang verzichtet kein Erfinder, der sich an Ozanams Problem versucht, auf die Muskelkraft von Lakaien. Doch die frühen Vorschläge entfachen einenTüftlerwettstreit, der schließlich zum Fahrrad führt. An dieses erinnert bereits die zweirädrige Konstruktion mit Lenker, Sattel und Bremse, die 1817 der Karlsruher Freiherr Karl Friedrich Drais vorstellt: Auf seiner „Laufmaschine“ kann sich ein Fahrer rollend fortbewegen – allerdings muss er sich dazu mit den Füßen abstoßen, wie heute bei Modellen für Dreijährige. Und so verebbt die Begeisterung für das Gefährt sehr schnell.
Wer als Erster Fußpedale an eine Draisine baut und damit den Urtyp des modernen Fahrrades schafft, ist umstritten. Wahrscheinlich ist es der Franzose Pierre Lallement, ein Konstrukteur von Kinderwagen, der 1863 mit einem pedalbetriebenen Zweirad durch Paris fährt. Keine fünf Jahre später jedenfalls hat sich das Fahrrad zum „Gaudium der Jugend und Wunschtraum aller Angestellten“ entwickelt, wie eine Zeitung notiert.
Heute ist das Fahrrad ein Massenfortbewegungsmittel: Weltweit sind derzeit wohl rund 1,4 Milliarden Velos in Gebrauch Und am 18. September 2008 stellte der Kanadier Sam Whittingham einen Geschwindigkeitsweltrekord auf. Mit einem stromlinienförmig ummantelten Liegefahrrad erreichte er 132,4 km/h.