Lesen Sie einen Auszug aus der neuen Ausgabe von GEOkompakt zum Thema "Der Urknall":
Frühjahr 1963, Holmdel, 60 Kilometer südlich von New York City. Die beiden jungen Physiker Arno Penzias und Robert Wilson wollen den Himmel nach elektromagnetischen Signalen aus der Milchstraße absuchen, um Intensitäten von Radiowellen zu erforschen und um vielleicht sogar Strahlung aus jener dünnen Sphäre aufzufangen, die unsere Galaxis wie ein Lichthof umgibt. Dazu rüsten sie eine Sechs-Meter- Antenne, die einem riesigen, auf der Seite liegenden Horn ähnelt, mit einem hochsensiblen Empfänger aus. Bisher diente die Anlage Mitarbeitern der Bell Laboratories (die seit Jahrzehnten Grundlagenforschung betreiben) dazu, Signale eines Kommunikationssatelliten aus dem All aufzufangen. Nun aber, dank des Empfängers, verfügen Penzias und Wilson über eines der empfindlichsten Radioteleskope der Welt.
Von Kollegen haben sie gehört, dass die Antenne ein merkwürdiges Rauschen im Mikrowellenbereich registriert, ein Störgeräusch, das wie bei einem schlecht eingestellten Radioempfänger die Signale der Himmelskörper überlagern könnte, nach denen die beiden Physiker eigentlich suchen.
Bevor sie mit ihren Messungen beginnen, machen sich Penzias und Wilson auf die Suche nach der Ursache des Rauschens. Sie überprüfen die Hornantenne, den Empfänger und alle übrigen Teile ihrer Ausrüstung. Sie untersuchen, ob der Boden des Forschungsgeländes ein Hintergrundgeräusch produziert, messen die geringfügige Strahlung, die von der Erdatmosphäre ausgeht. Doch stets zeichnet das Empfangsgerät das gleiche störende Rauschen auf.
Die beiden richten die Antenne auf das nahe New York aus. Vielleicht ist die Metropole mit ihren Millionen von elektronischen Geräten die Ursache der Störung? Das Rauschen bleibt konstant. Noch einmal nehmen sie ihre Antenne genauer in den Blick, suchen das Teleskop nach Wackelkontakten ab, nach Fehlern in der Verkabelung oder der Elektronik, verstärken Lötstellen mit Aluminiumband. Keine Veränderung. Schließlich entdecken Penzias und Wilson, dass sich ein Taubenpaar in der Spitze der Hornantenne eingenistet hat und deren Wände von innen verschmutzt sind. Sie fangen die Tauben ein, setzen sie weit entfernt wieder aus und reinigen die Antenne. Das Rauschen ist nahezu gleich.
Fast ein Jahr ist inzwischen vergangen. Auch die Tageszeit oder der Wechsel der Jahreszeiten hat keinen erkennbaren Einfluss auf das Hintergrundgeräusch. Arno Penzias und Robert Wilson können die Ursache der Störung nicht ausfindig machen – eines Signals, das sie aus allen Richtungen des Kosmos empfangen.
Die beiden Physiker ahnen noch nicht, dass ihnen zufällig eine der größten Entdeckungen des 20. Jahrhunderts gelungen ist: dass sie einen fernen Nachhall des Urknalls aufgefangen haben.
Und dass ihre Messungen eine wichtige, noch fehlende Bestätigung für eine der kühnsten Theorien der Physik sind. Sie besagt, dass das Universum nicht schon ewig existiert, sondern eine Geschichte hat. Vor Milliarden Jahren soll es mit einem glühenden Inferno, einem "Big Bang", seinen Anfang genommen haben.
Es ist ein langer Weg von den ersten Spekulationen antiker Astronomen bis zur Urknalltheorie und ihrer Bestätigung. Und so ist die Idee letztlich nicht Werk eines Einzelnen, sondern eine kollektive Leistung. Denn es bedurfte vieler genialer Gedankensprünge und technischer Erfindungen, damit Menschen das Erstaunliche gelingen kann: eine konkrete Vorstellung zu gewinnen über den Anfang alles Existierenden – vorzudringen bis zur Geburt von Raum, Zeit und Materie.
Den vollständigen Text können Sie in der neuen Ausgabe von GEOkompakt zum Thema "Der Urknall" nachlesen.
