Lesen Sie einen Auszug aus der neuen Ausgabe von GEOkompakt zum Thema "Gesunde Ernährung":
Einmal im Jahr begeht das im Tschad lebende Volk der Massa ein bizarr anmutendes Ritual: Acht Wochen lang ziehen sich einige Männer des Stammes in karge Hütten zurück, um den eigenen Körper – fast gänzlich abgeschottet von der Außenwelt – regelrecht zu mästen.
Insgesamt elf Portionen, meist Hirsebrei und fette Milch, müssen die Teilnehmer der Zeremonie täglich vertilgen. Mancher schafft es, innerhalb von 24 Stunden fast sieben Kilogramm dieser Spezialnahrung zu sich zu nehmen. Das entspricht im Mittel etwa 13 000 Kilokalorien (rund fünfmal so viel wie der eigentliche Tagesbedarf). Vermutlich verspeisen kaum irgendwo sonst auf der Welt Menschen in so kurzer Zeit derart viel Kost.
Mit Magenkrämpfen und Brechattacken wehrt sich der Körper der Massa-Männer zunächst gegen die vielen Mahlzeiten, doch allmählich bewirkt die Überdosis Essen vor allem eines: dass sie immer dicker werden.
Denn die Energie, die sie sich einverleiben, speichern sie größtenteils in Form von Fett. Immer mehr davon lagert ihr Körper in speziellen Depots ein, lässt Arme, Beine, Bauch, Gesäß und Gesicht anschwellen. Bis zu 35 Kilogramm legen manche der Männer im Laufe der zwei Monate währenden Kalorien-Kur zu.
Nach der Prozedur kehren sie in ihre Familien zurück und werden fortan geradezu verehrt: Leibesfülle gilt unter den Massa als Schönheitsideal und Statussymbol, sie führt zu Anerkennung und sexueller Attraktivität.
Trotzdem lassen sie den Brauch – wenn überhaupt – meist nur ein einziges Mal über sich ergehen. Denn für die Massa ist das Fettwerden vor allem eine Art Initiationsritus, dem sich hauptsächlich Jüngere unterziehen (die dann nach und nach auch ihr Normalgewicht zurückerlangen).
Was viele Europäer befremden mag, ergibt für die noch heute eher traditionell lebenden Bewohner Zentralafrikas durchaus einen Sinn. Denn wer in Zeiten der Dürre schwergewichtiger ist als andere, verfügt über einen Vorrat an Zehntausenden Kilokalorien, auf den er zurückgreifen kann, wenn die Nahrung einmal knapp sein sollte.
Im Laufe der Menschheitsgeschichte galten prall gefüllte Depots auch in unseren Breiten als Unterpfand für die Existenz, halfen Hungersnöte und lange Winter zu überwinden und entsprachen dem gängigen Schönheitsideal.
Erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts – seit Nahrung zumindest in den Industrienationen stets in ausreichender Menge verfügbar ist – scheint sich der Überlebensvorteil reichhaltiger Fettreserven in sein Gegenteil verkehrt zu haben. Und haftet der Speichersubstanz Fett nun der Ruf an, dem Menschen eher zu schaden als zu nützen.
Doch jedermann braucht den Stoff. Auch wenn wir in der modernen Gesellschaft längst keine Mangelzeiten mehr erdulden müssen, sind wir auf Fettvorräte angewiesen. Denn die Reserven sind durchaus kein träges Energielager. Vielmehr dirigiert das Fettgewebe wichtige Vorgänge im Körper, beeinflusst entscheidende Funktionen wie Fortpflanzung, schützt uns vor Krankheit.
Das Fett ist also nicht zwangsläufig eine Problemzone des Menschen – sondern ein äußerst vielseitiges Gewebe.
Den vollständigen Text können Sie in der neuen Ausgabe von GEOkompakt zum Thema "Gesunde Ernährung" nachlesen.