Lesen Sie einen Auszug aus der neuen Ausgabe von GEOkompakt zum Thema "Gesunde Ernährung":
Niemand kann sagen, wann und wo erstmals ein Stück Fleisch gegrillt wurde. Aber das Spiel mit dem Feuer begann, so viel scheint sicher, vor mehr als zwei Millionen Jahren über einer prähistorischen Glut.
Und was da genau mit dem – vermutlich erlegten – Wild geschah, muss auf die ersten Beobachter dieses Vorgangs wie eine Naturkatastrophe en miniature gewirkt haben: In der Hitze der Flammen schrumpelten die Fasern des Fleisches innerhalb kurzer Zeit zusammen; bald darauf brodelte das in den Muskeln enthaltene Wasser, dehnte sich um mehr als das Tausendfache aus, zerriss dabei hier und da den Faserverbund und entwich als Dampf.
Heißes Fett schwemmte aus den aufgesprengten Fleischklüften, tropfte zischend in die Glut. Pigmente zerfielen, aus leuchtendem Rot wurde erst ein zartes Rosa, dann Grau.
Am Rand des Gewebes wirkte die Lohe mit besonderer Zerstörungskraft. Binnen Minuten zerlegte sie dort Eiweiße und Zuckerstoffe, deren Einzelteile sich anschließend zu Hunderten neuer Substanzen verbanden, die auf dem Grillfleisch eine bräunliche Kruste voller intensiver Aromen hinterließen.
Was heutigen Zeitgenossen banal erscheinen mag und alltäglicher kaum sein könnte – das Braten oder Kochen von Lebensmitteln –, brachte jenen Menschen, die die neue Technik als Erste beherrschten, schon in der Steinzeit etliche Vorteile; sie lebten länger, zeugten mehr Nachkommen.
Und: Es hatte vermutlich einen entscheidenden Anteil am evolutionären Erfolg des Homo sapiens.
„Denn die Zubereitung von Nahrung ist eine Fertigkeit, die kein anderes Tier beherrscht“, so der britische Anthropologe Richard Wrangham. „Ohne sie hätte sich unser Gehirn vermutlich nie so großartig entwickelt, wären wir vermutlich als Art nie entstanden.“
Wer die Anfänge der Essenszubereitung rekonstruieren will, der muss uralte Asche und Knochen in Afrika analysieren und anatomische Studien anstellen. Nur so lassen sich jene Indizien finden, die man braucht, um zu verstehen, weshalb sich die Menschen so anders entwickelt haben als etwa ihre nächsten Verwandten, die Affen – und zwar nicht nur in Bezug auf Hirnvolumen und aufrechten Gang, sondern auch in der Art und Weise, wie sie ihre Nahrung verzehren.
Denn die Zähne des Homo sapiens sowie seine Mundöffnung sind geradezu zierlich im Vergleich zu denen etwa eines Schimpansen. Zudem sind seine Kiefermuskeln sowie jene Knochen, an denen diese Muskeln ansetzen, eher schwach ausgeprägt – hartfaserige Pflanzenstängel lassen sich mit so einer Ausstattung kaum zerkleinern.
Darüber hinaus ist der menschliche Dickdarm, gemessen an dem eines Gorillas, außergewöhnlich kurz. Frisches Blattwerk, Obst und Gemüse verdauen Menschen daher weitaus schlechter als andere große Primaten.
Und anfällig macht der Verdauungstrakt auch. So ist etwa der Genuss rohen Fleisches für Menschen manchmal sogar lebensgefährlich. Wie aber konnte ausgerechnet jene Spezies, die von derartigen Mängeln geplagt wird, den gesamten Planeten erobern? Wie passt das zusammen: Schwäche und Aufstieg?
Noch vor gut 2,5 Millionen Jahren ähnelten die Vorfahren von Homo sapiens eher äffischen Wesen: Fossilien aus jener Zeit zeigen, dass die Vormenschen über lange Arme und kurze Beine verfügten. Ihre Gehirne von durchschnittlich 450 Kubikzentimeter Größe waren kaum voluminöser als die heutiger Schimpansen.
Brustkorb und Becken waren dagegen ausladend, was auf einen geräumigen Magen-Darm-Trakt schließen lässt. Und: Mit einem so langen Verdauungsapparat ließ sich pflanzliche Kost besonders gut verarbeiten – weshalb Paläoanthropologen davon ausgehen, dass sich diese Affenmenschen hauptsächlich von Grünzeug ernährten.
Mehr als 600.000 Jahre später aber hatten sich unsere Ahnen enorm verändert: Sie waren menschlicher geworden, ihre Beine länger, die Arme kürzer.
Brust und Becken hatten sich verkleinert – ein Hinweis auf einen reduzierten Magen-Darm-Trakt. Und die Kaufläche der Mahlzähne war um mehr als 20 Prozent geschrumpft, was Forscher an den Bruchstücken fossiler Gebisse ablesen konnten. Zugleich hatte das Gehirn rund 40 Prozent an Volumen zugelegt.
Das waren radikale Umbauten. Und nach Richard Wranghams Ansicht hatte allein die Kunst der Nahrungsbearbeitung sie ermöglicht. Denn im Verlauf dieser 600.000 Jahre, so seine These (die von vielen Forschern anerkannt wird), hatten die Urmenschen gelernt, mit Steinwerkzeugen die Kadaver toter Tiere zu zerlegen, dabei auch Knochen zu zertrümmern und auszuschaben, um an das Mark zu gelangen – Schnitte in fossilen Gebeinen zeugen vom Gebrauch von Steinklingen.
Offenbar erschlossen sich unsere Vorfahren also die ergiebige Kalorienquelle Fleisch – was unter anderem dazu führte, dass das Hirn über viele Generationen immer größer wurde.
„Doch allein damit ist der gewaltige Zuwachs an Gehirnmasse nicht zu erklären“, so Wrangham, „und schon gar nicht die Verkürzung des Darms.“
Der Brite vermutet daher, dass unsere Vorfahren in diesen 600.000 Jahren noch etwas lernten: ihren Fleischkonsum dank des Feuers zu optimieren.
Den vollständigen Text können Sie in der neuen Ausgabe von GEOkompakt zum Thema "Gesunde Ernährung" nachlesen.