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Evolution Wie aus Fischen Vierbeiner wurden

Acanthostega
Acanthostega lebt vor etwa 365 Millionen Jahren im Flachwasser – dort kann er sich vermutlich bereits gehend fortbewegen
© Science Photo Library / JOHN SIBBICK
Es ist ein langer Weg, bis aus Fischen Landbewohner werden – und sich Flossen zu Beinen wandeln. Eine kleine Geschichte des Landgangs

Zwar leben schon vor mehr als 400 Millionen Jahren einige Flossenträger in seichten Schelfmeeren, und andere dringen immer weiter in Flachwasser vor, erkunden das Süßwasser der Binnenseen und Flüsse, die die Kontinente durchschneiden. An Land wagen sie sich zunächst aber nicht, denn Fische haben weitaus schlechtere Voraussetzungen als die Panzer tragenden Gliederfüßer, die neue Welt zu erobern.

Ihnen fehlt fast alles für ein Leben an Land – ein Fisch, der bei Ebbe im Watt strandet, kippt in der Regel seitlich um, windet sich, kann sich nicht vorwärtsbewegen. Seine Augen trocknen ein, seine Kiemen fallen in sich zusammen, vergebens schnappt er nach Luft. Und erstickt.

Dennoch: Für manche Spezies muss das Leben auf den Kontinenten sehr verlockend sein (vielleicht wegen der reichen Beute dort). Und so wird selbst der Fisch irgendwann zum Vierbeiner.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Beitrag "Wie das Leben an Land kam" - erschienen in "GEO kompakt: Die Geburt der Erde".

Die Verwandlung beginnt in der Ära vor mindestens 400 Millionen Jahren. Am Anfang der bis jetzt von Forschern entdeckten Ahnengalerie steht ein Raubtier mit Namen Eusthenopteron, ein lang gestreckter, bis zu knapp zwei Meter langer Fisch, der in Gewässern anderen Fischen und Krebsen auflauert.

Im Bereich der Schulter und des Beckens besitzt er zwei muskulöse Flossenpaare, mit denen er geschickt durchs Wasser manövriert. Sie gelten als Vorläufer der späteren Arme und Beine.

An seinem Skelett lässt sich bereits vielfach erkennen, dass dieses Tier in näherer Verwandtschaft zu zukünftigen Landwirbeltieren steht. Zudem verfügt Eusthenopteron, wie einige andere Fische seiner Zeit, über eine entscheidende Neuerung: Er atmet nicht nur durch Kiemen.

Sein Verdauungstrakt hat sich vorn im Körper zu einem sackartigen Gebilde ausgestülpt, einer einfachen Lunge. So ist der Raubfisch in der Lage, in sauerstoffarmen Gewässern den Kopf aus dem Wasser zu halten und nach Luft zu schnappen – und das Atemgas herunterzuschlucken.

Tiktaalik atmet mit Kiemen und Lunge

Biologen gehen davon aus, dass aus Verwandten dieses Raubfisches ein Wesen hervorgeht, das einige Millionen Jahre später vermutlich in seichten Mündungsgebieten an der Nordküste des Urkontinents Laurussia auftaucht: Tiktaalik, eine Kreatur, deren flache, breite Schnauze mit den spitzen Zähnen an ein Krokodil erinnert (und deren versteinerte Überreste erst vor einigen Jahren erstmals entdeckt worden sind).

Anders als ein typischer Fisch kann Tiktaalik seinen Kopf unabhängig von der Wirbelsäule auf- und abbewegen, auch er atmet mit Kiemen und Lunge.


Seine Linsenaugen sitzen oben auf dem Schädel. Mit ihnen kann das Tier sehr wahrscheinlich auch über Wasser gut sehen. Und zudem hat Tiktaalik vier Flossen, die so feingliedrig und beweglich sind, dass er im Schlick nach Schalen­tieren zu graben vermag; und so kräftig, dass er sich damit aufstützen und in fließenden Gewässern stabilisieren kann.

Manchmal liegt Tiktaalik am Boden von Flussmündungen und lauert auf Beute: Nähert sich ein Fisch, dann stützt sich der Räuber plötzlich auf seine Vorderflossen – und schnappt zu.

GEO kompakt Nr. 56/2018 - Die Geburt der Erde

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