
Vor einigen Jahren spielte sich in einem Labor im japanischen Kyoto eine seltsame Szene ab. In der Röhre eines Magnetresonanz-Tomographen lag ein 27-jähriger Mann und schlief. Als der Proband zu träumen begann, machte die Maschine mehrere Fotos betrachten – etwa Porträts von Menschen oder Aufnahmen von Häusern.
Beim Anblick der unterschiedlichen Motive sendeten jeweils andere Regionen seines Denkorgans Impulse; es waren also gewissermaßen neuronale Entsprechungen der angeschauten Bilder. Die dabei aufgenommenen Hirnscans dienten den Wissenschaftlern als Grundlage für die Programmierung einer Software, welche nun bei der Interpretation der Signale aus dem Hirn des im MRT Schlafenden helfen sollte.
Und tatsächlich: Aus dem spezifischen Muster der aktiven Nervenzellen vermochten die Forscher während des Versuchs herauszulesen, was der Mann Aufnahmen von seinem Gehirn.
Dabei hielt sie fest, wo in seinem Kopf Nervenzellen aktiv waren und in welchem Rhythmus sie elektrische Impulse aussendeten. Ein Team aus mehreren Neuroinformatikern begutachtete diese Aufnahmen fortlaufend und versuchte anhand der Hirnscans herauszufinden, wovon der Proband gerade träumte. Um die Aktivität der Nervenzellen richtig bewerten zu können, hatten die Forscher aufwendige Vorstudien unternommen; so hatten sie unter anderem den Kopf des Mannes durchleuchtet und sein Gehirn zahllosen Scans unterzogen.
Bei diesen Voruntersuchungen sollte der Versuchsteilnehmer unter anderem im Traum gerade sah – zumindest in groben Zügen. So konnten sie beispielsweise in mehr als der Hälfte aller Fälle bestimmen, ob der Schläfer von einer Person träumte oder von einem Gebäude oder Gegenstand. Zur Bestätigung weckten sie den Probanden stets kurz auf und fragten ihn, wovon er gerade geträumt habe.
Das Experiment war eine Sensation: Erstmals konnten Menschen gleichsam erkennen, was ein anderer im Schlaf sah. Die japanischen Forscher hofften, damit der Lösung eines Rätsels näher zu kommen, das als eines der größten der Wissenschaft gilt: Warum träumen wir? Über diese Frage streiten Experten schon seit Langem. Hartnäckig hielt sich viele Jahre lang eine Theorie, wonach die nächtlichen Bilder überflüssig seien, biologische Abfallprodukte.

Aufgestellt hatte die These der US- Schlafforscher Allan Hobson. Demnach entstünden Träume nur, weil der primitive Hirnstamm des Menschen (eine Region des Denkorgans, die direkt mit dem Rückenmark verbunden ist) nachts nicht zur Ruhe komme und ständig zufällige Impulse aussende.
Das Großhirn (jene Areale, die Bewusstsein und Verstand beherbergen) registriere die vom Hirnstamm produzierten Signale und übersetze sie willkürlich in Bilder. Die aber, so Hobson, hätten nichts zu bedeuten. In dem Fall wäre der Versuch, ihre vermeintliche Botschaft zu entschlüsseln, reine Zeitverschwendung.
Dies ist ein Auszug. Den ganzen Artikel finden Sie in GEOkompakt Nr. 48 "Schlaf und Traum".