Eigentlich könnte die Lage der Rüstkammer nicht schöner sein: Die größte deutsche Sammlung von Prunkwaffen präsentiert sich dem Besucher in einem imposanten Gewölbesaal im Semperbau am Dresdner Zwinger, gleich gegenüber der Gemäldegalerie Alte Meister. Allein: Der Saal ist zu klein. Nur gut 10 Prozent der Bestände können derzeit gezeigt werden, der Rest schlummert im Fundus.
Und so wird die Sammlung in einigen Jahren den nächsten Umzug erleben, den achten in ihrer mehr als 500-jährigen Geschichte. Das Dresdner Residenzschloss, nur wenige Schritte entfernt und zurzeit noch in den Händen der Restauratoren, soll die mehr als 10000 Exponate ab 2009 nach und nach aufnehmen. Dann wird die Rüstkammer endlich an ihren Ursprungsort zurückgekehrt sein.


Ende des 15. Jahrhunderts hatte hier der sächsische Herzog Albrecht der Beherzte aus dem Hause der Wettiner begonnen, seinen persönlichen Besitz an Prunkwaffen in einer Rüstkammer aufzubewahren. Einen Aufschwung erlebte die Sammlung unter Moritz von Sachsen, der 1547 als Erster die Kurfürstenwürde nach Dresden holte. Die „Kurfürstliche Rüstkammer“ diente nun vor allem der Repräsentation, sollte das Ansehen des Herrschers mehren. Doch manche der kostbaren Harnische wurden vom Kurfürst und seinen Adeligen auch bei den häufig stattfindenden Turnieren getragen. Da war es praktisch, dass die mit den sperrigen Rüstungen bekleideten und aufs Pferd gehievten Kämpfer über eine Rampe direkt aus der Rüstkammer in den Hof des „Neuen Stalls“ reiten konnten, der die Sammlung seit etwa 1590 beherbergte.
Immer neue Meisterwerke der Handwerkskunst gelangten durch Ankauf, als Kriegsbeute oder als Geschenk nach Dresden; neben filigran verzierten Rüstungen, Schwertern und Streitäxten auch kostbar gearbeitete Feuerwaffen. Doch auch zahlreiche Abgänge gab es über die Jahrhunderte zu verzeichnen: weil die Kurfürsten ihrerseits Prunkwaffen verschenkten oder weil Teile des Bestandes zur Finanzierung von Umzügen verkauft werden mussten. Andere Exponate wurden in späteren Jahrhunderten an die Oper der Stadt ausgeliehen – und nie wieder gesehen. Auch manche der Aufständischen, denen im Revolutionsjahr 1848 Waffen ausgehändigt wurden, dachten nicht daran, die wertvollen Stücke nach Ende der Unruhen zurückzugeben.
Ihre weiteste Reise traten die Exponate 1945 an: Die sowjetischen Sieger brachten sie als Kriegsbeute nach Leningrad. Dort aber wurde die Sammlung gut behandelt, wie Oberkonservator Dr. Holger Schuckelt betont. Viele Stücke waren sogar frisch restauriert, als sie 1959 zurück nach Dresden gelangten.
Seitdem müssen die Konservatoren der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, zu denen die Rüstkammer gehört, mit einem Provisorium leben: dem prächtigen, aber zu kleinen Saal in dem Galeriebau, den Gottfried Semper 1847–1854 an der Nordseite des Zwingers errichtete. Doch schon Anfang 2009 wird ein besonders prominenter Teil der Sammlung am neuen Standort in voller Pracht zu sehen sein: die so genannte Türkenkammer mit orientalischen Waffen des 16. bis 18. Jahrhunderts. Die von Heiner Müller-Elsner für GEOEPOCHE so eindrucksvoll fotografierten Rüstungen dagegen werden noch ein wenig länger auf ihren hoffentlich letzten Umzug warten müssen.
