Inhaltsverzeichnis
- NIEUW AMSTERDAM - STUYVESANTS KAMPF UM MANNA-HATA
- WEG ZUR UNABHÄNGIKEIT – GEGEN KÖNIG UND EMPIRE
- DEWITT CLINTON: „THE GRID“ – EIN STRASSENRASTER FÜR DIE ZUKUNFT
- DER SLUM, DIE GANGS – FRÜCHTE DES ZORNS
- BOSS TWEED: „TAMMANY HALLl“ – KÖNIG DER KORRUPTION
- HIGH SOCIETY – MRS. ASTORS KÖNIGREICH
- ELLIS ISLAND – AMERIKAS VORZIMMER
- BROOKLYN – DAS ANDERE NEW YORK
- TONY SARGS NEW-YORK-ILLUSTRATIONEN
- DOROTHY PARKER – SPÖTTERIN DER ROARING TWENTIES
- DAS SCHWARZE NEW YORK – HARLEM SHUFFLE
- "BABE" RUTH: BASEBALL - BIG BANG IM YANKEE STADION
- BÖRSENCRASH - SECHS TAGE IM OKTOBER
- EMPIRE STATE BUILDING – WETTTLAUF ZU DEN WOLKEN
- FIORELLO LA GUARDIA – DER BÜRGERMEISTER UND DER NEUANFANG
- KRIEGSENDE 1945 – DAS ZENTRUM DER WELT
DIE GESCHICHTE DER STADT IM ÜBERBLICK
Joanne Reitano, The Restless City – a Short History of New York from Colonial Times to the Present (Routledge, New York 2006) 305 Seiten, 20,99 Euro.
New York war immer sozialer Brennpunkt: massenhafte Immigration, Gangwesen, Armut und großer Reichtum im 19. Jahrhundert sowie der Aufstieg der Stadt zur Wirtschaftsmetropole von Weltformat im 20. Jahrhundert. Verständlich geschrieben behandelt Joanne Reitano, die in New York Geschichte lehrt, die Entwicklung der Stadt von der Gründung der niederländischen Kolonie bis zum 11. September 2001. Der Schwerpunkt liegt allerdings auf der Zeit ab 1800, die Kolonialzeit kommt etwas zu kurz. Da es jedoch kein deutschsprachiges Überblickswerk gibt, ist Reitanos Buch als Einstieg in die Geschichte New Yorks dennoch nur zu empfehlen.

Edwin G. Burrows & Mike Wallace, Gotham – a History of New York City to 1898 (Oxford University Press, Oxford 1999) 1383 Seiten, 27,99 Euro.
Wann gründet sich die New Yorker Börse? Wie entsteht der Central Park? Warum kommt es in New York immer wieder zu Unruhen und Aufständen? Edwin G. Burrows und Mike Wallace, beide Professoren für Geschichte in New York, antworten umfassend und umfänglich auf diese und viele andere Fragen. Dabei geben sie einen gut erzählten historischen Überblick, der das Wachstum der Stadt in Wirtschaft, Politik und Kultur bis zum Ende des 19. Jahrhunderts dokumentiert. Angereichert mit Originalzitaten und zahlreichen Illustrationen sind die einzelnen (69!) Kapitel sehr ausführlich und detailreich; eine unentbehrliche Lektüre für alle, die tiefer in die komplexe Geschichte New Yorks vordringen wollen. Der Band wurde 1999 mit dem Pulitzer-Preis für Geschichte ausgezeichnet; ein zweiter Teil, der die Geschichte von 1898 bis 1945 behandeln soll, ist in Vorbereitung.
James Trager, The New York Chronology – the Ultimate Compendium of Events, People, and Anecdotes from the Dutch to the Present (HarperCollins, New York 2003) 933 Seiten, etwa 12 Euro.
James Trager hat eine genaue Chronik New Yorks von 1524, der Erkundung Manhattans durch Giovanni da Verrazano, bis in die Gegenwart verfasst. Jahr für Jahr handelt er verschiedene Themen der Stadtgeschichte ab, geordnet nach 32 unterschiedlichen Aspekten wie Politik, Wirtschaft, Kunst, Alltag oder Kriminalität. Faktenreich und verständlich geschrieben, vermittelt das Werk ein gutes Gerüst der Metropolen-Historie.
Kenneth T. Jackson (Hrsg.), The Encyclopedia of New York City (Yale University Press, New Haven, 1995) 1350 Seiten, 54,99 Euro.
Das ultimative Lexikon zur Geschichte New Yorks, herausgegeben von Kenneth T. Jackson, einem der renommiertesten Experten für New Yorker Geschichte. Kaum etwas zur Historie der Metropole findet man hier nicht. Alphabetisch geordnet handelt das Buch alle einschneidenden Ereignisse ausführlich ab, etwa die „Draft Riots“ von 1863 oder die Eröffnung der Brooklyn Bridge, würdigt wichtige Persönlichkeiten wie John Jacob Astor oder William „Boss“ Tweed – aber auch eher Unbekannte wie die um 1900 tätige Journalistin Nellie Bly – und liefert reichhaltige Informationen zu Themen wie Bevölkerungsentwicklung, Kultur oder Architektur. Eine gut recherchierte Fundgrube für Fakten und Daten, die zudem für fast jeden Eintrag weiterführende Literatur empfiehlt.


Paul E. Cohen & Robert T. Augustyn, Manhattan in Maps. 1527 - 1995 (Rizzoli, New York 1997) 164 Seiten, etwa 36 Euro, antiquarisch ab 14,50 Euro.
Dieser Band präsentiert 65 Karten aus Manhattans Geschichte von der ersten Darstellung kurz nach der europäischen Entdeckung der Insel 1524 bis hin zu Satellitenaufnahmen der 1990er Jahre. Die meist farbigen historischen Karten machen das Buch vor allem zu einem optischen Erlebnis, bei dem die Leser jedoch auch viele interessante Details aus der Geschichte New Yorks erfahren. Denn die Herausgeber haben die Karten jeweils mit kommentierenden Texten versehen, die die einzelnen Ansichten in ihren historischen Kontext einordnen. Ein schönes Buch, in dem sich die räumliche Stadtentwicklung Manhattans gut nachvollziehen lässt.
GEOEPOCHE Buchtipp-Archiv
NIEUW AMSTERDAM - STUYVESANTS KAMPF UM MANNA-HATA
Russell Shorto, New York - Insel in der Mitte der Welt (Rowohlt, Reinbek 2005) 448 Seiten, 12,95 Euro.
Shorto, amerikanischer Journalist, verfasst die Geschichte von New York, als es noch Nieuw Amsterdam hieß – also vor allem eine Geschichte Manhattans von der Entdeckung durch Henry Hudson bis zum Ende der Amtszeit von Petrus Stuyvesant. Er schreibt detailreich und mit leichter Ironie. Man muss allerdings in Kauf nehmen, dass Shorto ursprünglich selbstverständlich für sein, also das US-amerikanische Publikum schrieb, das vom niederländischen Teil seiner eigenen Vergangenheit so gut wie keine Ahnung hat. Und so vergleicht er Manhattan die ganze Zeit mit den legendären „Pilgervätern“ oder erklärt immer wieder, dass nicht Engländer, sondern Niederländer Dies und Jenes eingeführt haben. Ein Aha-Effekt für Amerikaner - aber etwas befremdlich für Europäer.
Henry H. Kessler & Eugene Rachlis, Peter Stuyvesant and His New York (Random House, New York 1959) 310 Seiten, ab 2,98 Euro antiquarisch erhältlich.
In einer Zeit, da über jede noch so obskure Person der Geschichte Biografien erscheinen, möchte man kaum glauben, dass über Stuyvesant kein aktuelles Werk auf dem Markt ist. Doch ist es so: Die beste Biografie des bedeutendsten Generaldirektors von Nieuw Amsterdam ist fast ein halbes Jahrhundert alt - alt, aber noch immer sehr gut. Kleines Kuriosum am Rande: Co-Autor Kessler war Arzt und Hobby-Historiker, der sich unter anderem mit Stuyvesants Holzbein beschäftigt hat. Jahrhunderte lang wusste nämlich niemand mehr, welches Bein dem Niederländer amputiert werden musste. Kessler fand einen Brief von 1644 und belegte aus dieser Quelle: es war das rechte.
WEG ZUR UNABHÄNGIKEIT – GEGEN KÖNIG UND EMPIRE
Barnet Schecter, The Battle for New York (Walker, New York 2002) 448 Seiten, 10,88 Dollar.
Der New Yorker Stadthistoriker schildert, wie George Washington im Unabhängigkeitskrieg der amerikanischen Rebellen gegen die Briten den Kampf um New York gewann – obwohl er die militärische Auseinandersetzung um die Stadt verloren hatte. Schecter liefert ein hochanschauliches Bild der politischen Auseinandersetzungen zwischen Patrioten und britischen Kolonialherren, die schließlich zur bewaffneten Revolte führen. Er dokumentiert den Niedergang New Yorks unter dem britischen Besatzungsregime und erklärt, warum die damalige Supermacht Großbritannien mit der Metropole am Ende ihre amerikanischen Kolonien aufgeben muss.
Alexander Rose, Washington’s Spies: The Story of America’s First Spy Ring (Random House, New York 2006) 384 Seiten, 11,99 Euro.
Es ist eine der großen unbekannten Storys des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges: die spannende Geschichte der ersten amerikanischen Spione. Der Oberbefehlshaber des amerikanischen Revolutionsheeres, George Washington persönlich, hat die Agenten in Marsch gesetzt. Sie sollen New York ausspähen, die Bastion der Briten in der jungen Nation. Unsichtbare Tinte, Geheimcodes, Kassiber und tote Briefkästen, nächtliche Sturmfahrten über den Long Island Sound. Rose erzählt mit Liebe zum Detail, ohne dabei ins Anekdotische abzugleiten.
Joseph Tiedemann, Reluctant Revolutionaries: New York City and the Road to Independence 1763 – 1776 (Cornell University Press, Ithaca 1997) 374 Seiten, 45,99 Euro.
Wer in das Dickicht der politischen Auseinandersetzungen des vorrevolutionären New Yorks einsteigen will, muss sich das Buch des Historikers Tiedemann vornehmen. Akribisch zeichnet er das anfängliche Ringen zwischen rivalisierenden Kaufmannsdynastien nach und dann die Auseinandersetzungen zwischen der zögerlichen Geschäftselite der Stadt und den zunehmend radikalisierten Händlern und Handwerkern. Er macht klar, dass die politische Führungsschicht New Yorks die Unabhängigkeit Amerikas gar nicht unbedingt wollte, ihr die Briten am Ende aber keine Wahl ließen.

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DEWITT CLINTON: „THE GRID“ – EIN STRASSENRASTER FÜR DIE ZUKUNFT
Evan Cornog, The Birth of Empire - DeWitt Clinton and the American Experience (Oxford University Press, New York 1998) 224 Seiten, 52,99 Euro.
Die maßgebliche Biografie des zeitweilig fast vergessenen New Yorker Gouverneurs und Bürgermeisters DeWitt Clinton (1769-1828). Ein detailgetreues Panorama aus der Zeit der amerikanischen Anfänge, in denen der Politiker, Sozialreformer und Visionär Clinton – ausgehend von der Metropole New York, deren Manhattaner Straßenraster (grid) er mitinitiierte und förderte – Marksteine für den Aufstieg der USA zur Weltmacht setzte. Der Autor war Pressesprecher des früheren New Yorker Bürgermeisters Edward I. Koch.

Roy Rosenzweig & Elizabeth Blackmar, The Park and the People (Cornell University Press, Ithaca 1992) 623 Seiten, 16,47 Dollar.
Der Central Park ist die bedeutendste Revision des durchgehenden Straßenrasters, das unter DeWitt Clinton 1811 beschlossen wurde. Sozialreformer sowie wohlhabende Bürger, die sich unter anderem eine Aufwertung angrenzender Grundstücke versprachen, drängten Mitte des 19. Jahrhunderts darauf jenen großen Erholungsraum im Herzen der Insel Manhattan einzurichten. Die Geschichte des Parks und der Menschen, die ihn forderten und später nutzten, wird von den Autoren ausführlich und anschaulich beschrieben.
DER SLUM, DIE GANGS – FRÜCHTE DES ZORNS
Tyler Anbinder, Five Points (Plume, New York 2002) 544 Seiten, 12,99 Euro.
Wo sich die Worth, Park und Baxter Street kreuzten, entstand im frühen 19. Jahrhundert der berüchtigtste Slum der Welt – Five Points. Der Historiker Tyler Anbinder hat mit Hilfe von Polizeiberichten, Zeitungsartikeln, Briefen, Tagebüchern und archäologischen Funden eine umfassende und spannende Historie des Viertels vorgelegt. Von den Wurzeln der irischen, deutschen und jüdischen Einwanderer über die unerträglichen Verhältnisse in den Mietskasernen bis zu den korrupten Politikern und der Erfindung des Stepptanzes beschreibt der Autor alle Aspekte des Lebens in den Points. Zahlreiche Bilder, Fotos und Karten lassen einen Stadtteil wieder lebendig werden, von dem im heutigen New York nicht mehr viel übrig geblieben ist – die meisten Gebäude wurden abgerissen, nach ihren späteren Bewohnern heißt die Gegend heute Chinatown.


Herbert Asbury, Gangs of New York (Heyne, München 2003) 448 Seiten, antiquarisch ab ca. 3 Euro erhältlich.
Das schon 1928 erschienene Buch des Journalisten und Schriftstellers Herbert Asbury ist eher eine Anekdotensammlung als ein wissenschaftliches Werk. Obwohl manche Schilderungen als zumindest zweifelhaft gelten müssen, diente es dem Regisseur Martin Scorsese als Hauptquelle für seinen Kinofilm „Gangs of New York“. In farbigen und drastischen Details erfährt der Leser alles über die Unterwelt der Stadt und einige ihrer Protagonisten wie „Hell Cat“ Maggie, Bill „The Butcher“ Pole und „Monk“ Eastman. Die spannende Erzählung reicht bis in die Prohibitionszeit der 1920er Jahre.
Barnet Schecter, The Devil’s Own Work (Walker & Co., New York 2005) 448 Seiten, 11,99 Euro.
Die Aushebungskrawalle (draft riots) im Juli 1863 waren die schlimmsten und blutigsten Aufstände in der Geschichte New Yorks und der gesamten USA. Das Zentrum des Buches, das der Historiker Barnet Schecter verfasst hat, ist die detaillierte Beschreibung jener fünf Tage, die die Stadt an den Rand einer Revolution führten. Außerdem befasst sich der Autor mit den ethnischen, religiösen und sozialen Konflikten, die zu den Krawallen führten. Dazu mit den Auseinandersetzungen in der Presse sowie den zeitgleichen Kämpfen auf den Schlachtfeldern des Bürgerkriegs. Akribisch recherchiert, verständlich und fesselnd geschrieben.
BOSS TWEED: „TAMMANY HALLl“ – KÖNIG DER KORRUPTION
Kenneth D. Ackerman, Boss Tweed (Carroll & Graf, New York 2005), 437 Seiten, 12,99 Euro.
Detailreich und spannend erzählt Ackerman vom Aufstieg und Fall des William M. Tweed, der um 1870 als Chef der politischen Seilschaft „Tammany Hall“ zum mächtigsten Mann New Yorks wird und Millionen aus der Stadtkasse veruntreut. Der Autor gibt allen Spielern im Korruptionsskandal Namen und Geschichte und verwandelt vor allem „Boss“ Tweed von einer Karikatur zurück in einen Menschen aus Fleisch und Blut.
Oliver E. Allen, The Tiger (Addison-Wesley, Reading 1993) 317 Seiten, gebraucht erhältlich ab 10,77 Euro.
„Tammany Hall“ hat nicht mit Boss Tweed begonnen und ist nicht mit ihm untergegangen: „The Tiger“ erzählt die Geschichte der größten und berüchtigtsten „politischen Maschine“, die Wahlen manipulierte und jahrzehntelang die Stadtpolitik dominierte, von ihrer Gründung im 18. Jahrhundert bis zu ihrem Ende in den 1960er Jahren.

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HIGH SOCIETY – MRS. ASTORS KÖNIGREICH

Eric Homberger, Mrs. Astor's New York. Money and Social Power in a Gilded Age (Yale University Press, New Haven 2004) 344 Seiten, 16,99 Euro.
Homberger beschreibt die New Yorker Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit wissenschaftlicher Akkuratesse - die jedoch nicht auf die Gelegenheit zur sarkastischen Pointe verzichtet: Vor allem das letzte Kapitel, "Being Mrs. Astor", das die letzten Jahre der Society-Königin mit ihren Phantom-Besuchen und imaginären Dinner-Einladungen nacherzählt, liest sich so herzzerreißend wie eine Erzählung von Anton Tschechow.

Edith Wharton, The Age of Innocence (Penguin Popular Classics, London 1996, Erstveröffentlichung 1920) 384 Seiten, 2,70 Euro.
"Zeit der Unschuld", der berühmteste Roman vom Enfant terrible der New Yorker Society um 1900 beschreibt minutiös die verkrusteten Riten und Gesetze der Oberschicht - und den vergeblichen Kampf zweier Liebender gegen die Zwänge, die ihr Glück zerstören. Von Martin Scorsese mit Daniel Day-Lewis und Michelle Pfeiffer verfilmt.
Edith Wharton, The Custom of the Country (Bantam Classics, New York 1994, Erstveröffentlichung 1913) 480 Seiten, 4,99 Euro.
Das Buch, auf deutsch "Die kühle Woge des Glücks", ist von seiner Autorin selbst als "der große amerikanische Roman" konzipiert worden: In keinem anderen ihrer Werke wird der Wille zum gesellschaftlichen Aufstieg und der verzweifelte Wunsch nach dem, "was die anderen wollen", so erbarmungslos seziert. Und es ist wohl kein Zufall, dass die Heldin Undine Spragg dieselben Initialen trägt wie ihr Heimatland: US.
ELLIS ISLAND – AMERIKAS VORZIMMER
Lorie Conway, Forgotten Ellis Island. The Extraordinary Story of America’s Immigrant Hospital (Collins, HarperCollins Publishers, New York 2007) 194 Seiten, 20,99 Euro.
Das bislang einzige Buch über die beiden Krankenhäuser auf Ellis Island, der New Yorker Einwanderungsstation, ist eigentlich ein Bildband. Aber wie könnte man die Geschichte der „Träneninsel“ besser begreifen, als über die ausdrucksstarken Gesichter derer, die dort in Ungewissheit auf ihre Einreisegenehmigung warten? Eindringliche historische Fotografien zeigen die Patienten und den Alltag der Ärzte in den beiden Kliniken; aber auch Bilder von der berüchtigten line inspection, der medizinischen Reihenuntersuchung, sowie von Unglücklichen während der Tests im Psychopathic pavillion. Dazu viele Zitate von Zeitzeugen und mehrere recht kurze, aber informative Texte der Autorin - die übrigens auch einen Film zum Thema gedreht hat. Ein eindrucksvolles Buch.


Alan M. Kraut, Silent Travellers. Germs, Genes and the „Immigrant Menace“ (Basic Books, HarperCollins Publishers, New York 1994) 384 Seiten, 16,99 Euro.
Hat Kolumbus die Syphilis nach Amerika gebracht? Waren irische Einwanderer Schuld an der Cholera-Epidemie 1832 in New York? Warum sprach man am Beginn des 20. Jahrhunderts von der „Jüdischen Krankheit“? Die medizinische Dimension der Einwanderung vertieft dieses zwar etwas detailverliebt geschriebene aber dennoch lesbare Buch. Es zeigt auch, wie sehr Ängste und Vorurteile in der amerikanischen Bevölkerung das Leben der Neu-Bürger erschwert und die US-Gesundheitspolitik beeinflusst haben. Ein Kapitel widmet sich dem medizinischen Auswahlverfahren auf Ellis Island.
Alan M. Kraut ist einer der renommiertesten amerikanischen Immigrationshistoriker und Professor an der American University in Washington, D.C.
BROOKLYN – DAS ANDERE NEW YORK
Ellen M. Snyder-Grenier, Brooklyn! An Illustrated History (Temple University Press, Philadelphia 1996) 292 Seiten, 20 Euro.
Snyder-Grenier zeichnet ein umfassendes historisches Porträt jenes Ortes, der von der niederländischen Siedlung “Breuckelen” erst zur drittgrößten Stadt der USA heranwuchs und dann, 1898, zu einem von fünf Bezirken der Metropole New York wurde. In fünf Kapiteln mit thematischen Schwerpunkten – Menschen, Wachstum, industrieller Aufstieg, Freizeit, Baseball – nähert sich die Autorin Brooklyn und lässt dabei meist ihre Erzählung um jeweils ein für die Identität der Stadt bedeutendes Phänomen kreisen, etwa die Brooklyn Bridge, den Navy Yard, Coney Island oder die Baseball-Mannschaft Dodgers. Snyder-Grenier, ehemalige Chef-Kuratorin der Brooklyn Historical Society, schreibt anschaulich und gut lesbar. Das Buch ist mit vielen Abbildungen, Fotos und Karten ausgestattet, enthält weiterführende Literaturtipps und eine Zeitleiste. Und auch wenn die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts nur kurz abgehandelt wird: Das Buch ist als erster Einstieg in die Geschichte Brooklyns sehr zu empfehlen.
Michael Robbins & Wendy Palitz, Brooklyn: A State of Mind (Workman Press, New York, 2001) 480 Seiten, 14,99 Euro.
Das Wortspiel des Titels beschreibt Brooklyn als Geisteszustand. Die beiden Herausgeber kreisen das Thema mit einer umfangreichen mehr essayistischen als akademischen Text- und Bildsammlung ein. Sie schürfen tief in der Vergangenheit der einstmaligen Großstadt, die zum Stadtbezirk wurde und stolz darauf ist, das bodenständige „andere New York“ zu sein. Das beginnt mit der Frühgeschichte Brooklyns, der Schlacht gegen die Briten, die George Washington hier verlor, und geht über die Gründung der Vergnügungsparks von Coney Island bis zur Gegenwart als Mosaik der Einwanderer- und Bohemekulturen. Neben ansässigen Journalisten schreiben auch prominente Söhne und Töchter Brooklyns wie die Regisseure Mel Brooks und Spike Lee, oder die radikale Feministin Susan Brownmiller.


John F. Kasson, Amusing the Million: Coney Island at the Turn of the Century (Hill & Wang, New York, 1978) 128 Seiten, 12,99 Euro.
Die Historie der Vergnügungsparks von Coney Island von John F. Kasson ist mehr als ein Stück Lokalhistorie. Der amerikanische Geschichtsprofessor geht den Ursprüngen der modernen Popkultur am Strand von Brooklyn nach. In Coney Island erkannten findige Geschäftemacher erstmals das Potential einer breiten Masse mit steigendem Einkommen und wachsendem Bedürfnis nach Ablenkung. Detailliert beschreibt Kasson eine künstlich geschaffene Kulissenstadt, in der diese Massen dem Alltag in ihren grauen Arbeiterviertel entkommen konnten.
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TONY SARGS NEW-YORK-ILLUSTRATIONEN
Tony Sarg, Up & Down New York (Universe Publishing, New York 2007) 64 Seiten, 16 Euro.
Schön aufgemachtes, großformatiges Reprint der Mitte der 1920er Jahre erstmals veröffentlichten Sammlung von Illustrationen, die der bekannte Zeichner, Puppenspieler und Kinderbuchautor Tony Sarg angefertigt hat. Sarg fängt mit Blick fürs Detail und feinem Humor Alltagsszenen und Orte des New York seiner Zeit ein: den Times Square etwa, das Rathaus, das Innere der Börse, den Broadway, Chinatown oder die Fähranleger am Hudson River. Die lebendig-wuseligen Zeichnungen, ursprünglich in New Yorker Zeitungen erschienen, spiegeln auf beeindruckend-charmante Weise die Metropole der “Roaring Twenties”. Ein wunderbarer Bildband.
DOROTHY PARKER – SPÖTTERIN DER ROARING TWENTIES

Marion Meade, Dorothy Parker. What Fresh Hell is This (Penguin, New York 1989) 458 Seiten, 14,99 Euro.
Die große Biografie zum an Höhen und Tiefen reichen Leben der New Yorker Schriftstellerin und Journalistin Dorothy Parker, die viel mehr war als das berühmteste Lästermaul der „Roaring Twenties“. Wobei auch das nicht zu kurz kommt. Aber vor allem begegnet man einer beeindruckenden Frau, deren Vita detailreich, unterhaltsam und informativ erzählt wird.
Kevin C. Fitzpatrick, A Journey into Dorothy Parker’s New York (Roaring Forties Press, Berkeley 2005) 160 Seiten, 15,99 Euro.
Die reich bebilderte Kurzbiografie gewährt im wörtlichen Sinne Einblick in „Dottie“ Parkers New York. Und taugt zugleich als Reiseführer: Wer New York auf Parkers Spuren erkunden möchte - und das ist eine reizvolle Variante, sich die Stadt am Hudson zu erschließen – findet hier die entsprechenden Spazierrouten. Und die wichtigsten Cocktail-Rezepte.
James R. Gaines, Wit's end. Days and nights of the Algonquin Round Table (Harcourt Publishers, New York 1977) 251 Seiten, gebraucht ab ca. 15 Euro.
Kritische, mit einem guten Schuss Sarkasmus gewürzte Geschichte des Konversationszirkels von einflussreichen Journalisten und Autoren um Dorothy Parker und Alexander Woollcott, der sich in den 1920er Jahren jeden Mittag im Algonquin Hotel traf und den städtischen Zeitgeist mitprägte. Zahlreiche Bilder, zupackende Charakterisierungen und treffende Anekdoten lassen die Figuren lebendig werden. Ein informatives Lesevergnügen.
Lynn Dumenil, The Modern Temper. American Culture and Society in the 1920s (Simon & Schuster, New York 1995) 352 Seiten, 11,99 Euro.
Ein Klassiker: Dumenil bietet faszinierende Einsichten in das Amerika der Jahre zwischen Weltkrieg und Börsencrash. Das Buch entwirft ein Panorama aus ungehemmtem Kapitalismus und bedenkenloser Vergnügungssucht, Prohibition und organisierter Kriminalität, Populärkultur, neuen Geschlechterrollen, Einwanderermilieus - eben den Hintergrund, vor dem die Algonquin-Runde lebte, liebte, trank und schrieb.

DAS SCHWARZE NEW YORK – HARLEM SHUFFLE

David Levering Lewis, When Harlem Was in Vogue (Penguin, New York 1981) 381 Seiten, 12,99 Euro.
Die Geschichte der amerikanischen Schwarzen ist das Metier von David L. Lewis. Der Historiker ist Experte für W. E. B. Du Bois, den afroamerikanischen Vordenker und Wegbereiter der „Harlem Renaissance“. Jener Bewegung, die um 1920 New York erfasst und in dem Viertel nördlich des Central Park zur beispiellosen Blüte afroamerikanischer Kultur führt. Dieses Harlem lässt Lewis wiederauferstehen. Durch szenische Schilderungen, Interviews, Analysen. Und mit seiner sorgfältigen Arbeit gelingt Lewis eine exzellente Monographie – komplex und überraschend wie der Jazz, der in jener Zeit groß wird.
Bill Egan, Florence Mills: Harlem Jazz Queen (Scarecrow Press, Oxford 2004) 327 Seiten, 31,99 Euro.
Heute ist Florence Mills, die 1927 mit nur 31 Jahren starb, so gut wie unbekannt. Doch Mitte der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war die schwarze Sängerin aus Harlem die Stimme des Jazz schlechthin. Und der erste schwarze Superstar. Akribisch zeichnet der australische Journalist Bill Egan die Lebensgeschichte der vergessenen Jazz Queen nach. Von ihren Anfängen als Kinderstar in Chicago über die Jazzclubs von Harlem bis an den Broadway. Und schließlich in die Theater von London und von Paris. Florence Mills – eine herausragende Biografie.

"BABE" RUTH: BASEBALL - BIG BANG IM YANKEE STADION
Marshall Smelser, The Life That Ruth Built (University of Nebraska Press, Lincoln 1993) 592 Seiten, 15,99 Euro.
Marshall Smelser, Baseball-Kenner und Historiker, hat die definitive Biografie über den Baseball-Spieler George Herman Ruth, genannt „Babe“, verfasst, einen der größten Volkshelden New Yorks und der USA. Fakten- und kenntnisreich zeichnet Smelser das Leben des „Sultan of Swat“ nach: von dessen Kindheit und Jugend in Baltimore über die erfolgreichen Jahre bei den New York Yankees bis zu seinem frühen Tod 1948. Der Autor geht äußerst akribisch vor und zeigt immer wieder ausdrücklich was Tatsachen und was mythische Anekdoten über Ruth sind. Das macht die Lektüre zwar mitunter ein wenig mühsam, doch Smelser kann auch Baseball-Laien jene Faszination deutlich machen, die von Babe Ruths Karriere als Sportler und Star ausgeht.
David Quentin Voigt, Baseball: An Illustrated History (Pennsylvania State University Press, University Park 1994) 402 Seiten, 30,92 Euro.
Der Historiker und Soziologe Voigt hat sein dreibändiges Standardwerk „American Baseball“ in diesem Buch zusammengefasst. Er beschreibt die Entwicklung des Baseballs vom Schlagballspiel englischer Siedler zum amerikanischen Volkssport, schildert zudem dessen fortschreitende Professionalisierung bis in die 1980er Jahre – und zeigt dabei auch die Dominanz von Teams aus der Sportmetropole New York. Illustriert ist das Werk mit mehr als 400 Bildern aus allen Epochen des Spiels. In eher knappen aber präzisen Ausführungen gelingt es Voigt, die Bedeutung des Baseballs für Kultur und Gesellschaft der USA zu vermitteln. Ein idealer Einstieg für Baseball-Neulinge und -Fans.
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BÖRSENCRASH - SECHS TAGE IM OKTOBER

John Kenneth Galbraith, Der große Crash 1929. Ursachen, Verlauf, Folgen (Finanzbuch-Verlag, München 2007) 205 Seiten, 14,90 Euro.
Dieser erstmals 1955 erschienene Band ist noch immer das Standardwerk zum Great Crash. Der Verfasser gilt als einer der einflussreichsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts. Unter John F. Kennedy war Galbraith Botschafter in Indien, er beriet mehrere US-Präsidenten. Seine Studie ist brillant geschrieben, scharfsinnig und oft beißend ironisch, eine ebenso unterhaltsame wie informative Lektüre.
William K. Klingaman, Der Crash. Chronik und Psychogramm einer Epoche, die im Börsenkrach von 1929 zusammenbrach (Scherz-Verlag, Bern 1990) 414 Seiten, antiquarisch ab 20 Euro erhältlich.
Maury Klein, Rainbow’s End. The Crash of 1929 (Oxford University Press, Oxford u.a. 2001) 345 Seiten, 16,99 Euro.
Beide Bücher entfalten auf ähnliche Weise – erzählerisch und zugleich analysierend – das breite Panorama einer Epoche, die von grenzenlosem Optimismus und der Gier nach mühelosem Reichtum getragen wurde. So wird der Geist der „Neuen Ära“ fassbar, die – auch das schildern beide Bücher – im Oktober-Crash von 1929 zusammenbrach.
Charles R. Geisst, Die Geschichte der Wall Street. Von den Anfängen der Finanzmeile bis zum Untergang Enrons (Finanzbuch-Verlag, München 2007) 493 Seiten, 29,90 Euro.
Wer mehr über die Anfänge, Krisen und Skandale der New Yorker Börse – die noch heute in jeder Nachrichtensendung vorkommt – erfahren will, dem sei diese fundierte und gut lesbare Studie empfohlen.
EMPIRE STATE BUILDING – WETTTLAUF ZU DEN WOLKEN

John Tauranac, Empire State Building. The Making of a Landmark (St. Martin´s Griffin, New York 1997) 384 Seiten, 12,99 Euro.
Das beste Buch zum Empire State Building und nebenbei eine kleine Kulturgeschichte des Wolkenkratzers: Sorgfältig recherchiert, umfassend informierend und glänzend geschrieben, von einem Kenner der Architekturgeschichte New Yorks. Unbedingt empfehlenswert.
Lewis Hine, The Empire State Building (Prestel, München 2001) 103 Seiten, antiquarisch ab ca. 30 Euro.
Die legendären Aufnahmen des Fotografen Lewis Hine von den akrobatischen Bauarbeiten am Empire State Building lösen noch heute beim Betrachter Schwindelgefühle aus. So gut sind sie. Leichten Taumel hinterlässt leider auch der Preis des schmalen, nur noch antiquarisch erhältlichen Bildbandes, der die Fotos mit einem einführenden Essay präsentiert.
Robert A. Slayton, Empire Statesman. The Rise and Redemption of Al Smith (The Free Press, New York 2001) 480 Seiten, 15,99 Euro.
Wer mehr über die politische Karriere von Alfred Smith erfahren will, der aus einfachen New Yorker Verhältnissen zum Gouverneur seines Bundesstaates wurde, als US-Präsidentschaftskandidat scheiterte und so verzweifelt wie genial das Empire State Building vermarktete, dem sei diese ausgezeichnete Biografie empfohlen. Geschrieben hat sie der in New York geborene Historiker Robert Slayton.
FIORELLO LA GUARDIA – DER BÜRGERMEISTER UND DER NEUANFANG
Hillary Ballon & Kenneth T. Jackson (Hrsg.), Robert Moses and the Modern City: The Transformation of New York (W. W. Norton, New York 2007) 304 Seiten, 26,99 Euro.
Lange galt der Baumeister des modernen New York, der 1934 von Bürgermeister La Guardia eingesetzt wurde und die Stadt über drei Jahrzehnte lang prägte, als menschenverachtender Technokrat. In dem großformatigen Band bemühen sich führende Experten um eine Neubewertung des umstrittenen Planers. Zudem dokumentieren zahlreiche historische und aktuelle Fotos seine Projekte, die das Bild von New York bis heute bestimmen.
Thomas Kessner, Fiorello H. La Guardia and the Making of Modern New York (McGraw-Hill, New York 1989) 700 Seiten, antiquarisch erhältlich ab ca. 3 Euro.
Der Geschichtsprofessor Thomas Kessner von der City University of New York gibt den wohl fundiertesten Überblick über das Leben des kleinen Bürgermeisters. Kenntnisreich und mit unverhohlener Bewunderung schildert der ehemalige Direktor des La-Guardia-Archivs in Queens, wie "Little Flower" während der Wirtschaftskrise an die Macht kam und New York wie kaum ein anderes Stadtoberhaupt veränderte. Bisweilen eine Liebeserklärung, aber eine gut begründete.

KRIEGSENDE 1945 – DAS ZENTRUM DER WELT

Jan Morris, Manhattan ’45 (Johns Hopkins University Press, Baltimore 1998) 282 Seiten, 20 Euro.
Beeindruckende literarisch-historische Hommage an New York um 1945, eine Stadt, die damals – auf einem Höhepunkt ihrer Karriere — zu so etwas wie einer Weltkapitale aufsteigt. Jan Morris, Historikerin, Reiseschriftstellerin und eine der renommiertesten Publizistinnen Großbritanniens, gelingt es in diesem erstmals 1987 erschienenen Werk, Physis, Geist und Aura der Metropole jener vergangenen Tage heraufzubeschwören. In brillantem Stil und einer Schilderung, die zwischen detaillierter Beobachtung, packender Anekdote und großer These changiert, führt Morris die Leser förmlich durch die Stadt und zu all deren wichtigen Themen und Personen. Durch einen Ort, der, so Morris, in dieser Zeit am Ende des Zweiten Weltkriegs förmlich birst vor Glanz, Selbstbewusstsein, Hoffnung und Macht.